Bonnemain: Kirchliche Missbrauchsakten künftig nicht mehr vernichten
Nach der Vorstellung der Schweizer Missbrauchsstudie hat der Churer Bischof Joseph Bonnemain eine Änderung der Archivierungspraxis in den Bistümern angekündigt. Aktenvernichtung werde künftig verboten, kündigte Bonnemain am Dienstag als Vertreter der Bischofskonferenz bei einer Pressekonferenz in Zürich an. Damit setzen sich die Schweizer Bischöfe über römisches Recht hinweg. Dieses sieht vor, dass Akten über Vergehen von Priestern in regelmäßigen Abständen vernichtet werden; stattdessen sollen schriftliche Zusammenfassungen angefertigt werden.
"Die kirchliche Vorschrift, Akten zu vernichten, wird aufgehoben", betonte Bischof Bonnemain. In einer Selbstverpflichtung müssen die Bistümer und kirchliche Organisationen in der Schweiz künftig unterzeichnen, keine Missbrauchsakten mehr zu vernichten. "Die kommende Generation hat das Recht auf eine geläuterte Kirche", sagte Bonnemain; und weiter: "Nur eine gewaltfreie Kirche hat eine Daseinsberechtigung." Es gelte, sich fortan für einen grundlegenden Kulturwandel einzusetzen.
In Bischofskonferenz über Rücktritte gesprochen
Bei der Pressekonferenz wurde auch die Frage nach der Verantwortung von Vertuschung durch Bischöfe gestellt. "Wir haben uns in der Bischofskonferenz Überlegungen zu Rücktrittsforderungen gemacht. Es sind damit auch Persönlichkeitsrechte betroffen. Wir sind an dieser Frage dran. Mehr kann ich dazu nicht sagen", sagte Bischof Bonnemain dazu. Die Frage, inwiefern etwa die Fachgremien in Zukunft Weisungsbefugnisse gegenüber kirchenrechtlich untersuchenden Stellen wie den Offizialaten erhalten sollen, beantwortete der Churer Bischof nicht.
Der Vatikan ermittelt derzeit gegen mehrere amtierende und emeritierte Schweizer Bischöfe sowie weitere Kleriker wegen des Umgangs mit sexuellem Missbrauch. Den Bischöfen werde in der Hauptsache Vertuschung von Missbrauchsfällen vorgeworfen; gegen einzelne Beschuldigte stehe der Vorwurf im Raum, selbst sexuelle Übergriffe begangen zu haben.
Im Juni leitete die vatikanische Bischofsbehörde auf Initiative der päpstlichen Nuntiatur in der Schweiz eine kirchenrechtliche Voruntersuchung an und setzte den Churer Bischof Bonnemain als Untersuchungsleiter ein. Laut der Boulevardzeitung "SonntagsBlick" sind vier der beschuldigten Bischöfe bis heute im Amt und zwei im Ruhestand. Für sie alle gilt einstweilen die Unschuldsvermutung. Die Ergebnisse der Untersuchung sollen bis Jahresende vorliegen. (KNA)