Polen wird zunehmend säkularer – vor allem Junge kirchendistanziert
Weniger als die Hälfte der Polen vertrauen der katholischen Kirche. Nur noch 48 Prozent der für die Studie "Kirche in Polen 2023" Befragten schenken der Kirche noch ihr Vertrauen, zehn Jahre zuvor waren es noch 65 Prozent. Die Studie der katholischen Nachrichtenagentur KAI und des staatlichen Instituts für das Erbe des nationalen Denkens (IDMN) wurde am Dienstag in Warschau vorgestellt. In den Zahlen zeigt sich ein deutlicher Altersunterschied. Während Über-50-Jährige weiterhin eine hohe Identifikation mit der Kirche zeigten, nehme die Kirchenbindung der Menschen unter 40 Jahren deutlich ab. Diese Altersgruppe teile sich zur Hälfte auf Kirchentreue und Kirchendistanzierte. "Konnte man bis vor kurzem noch hoffen, dass die polnische Gesellschaft gegenüber den für den Westen charakteristischen Säkularisierungstendenzen wesentlich resistenter ist, so schwindet diese Hoffnung heute zunehmend", heißt es in der Zusammenfassung der KAI. Die zunehmende Distanzierung gebildeter Schichten und in den Städten sei beunruhigend: "Diese Phänomene sind eine Warnung, was die religiöse Zukunft der Nation betrifft. Man kann den Eindruck gewinnen, dass wir an einem Wendepunkt angelangt sind", analysiert die KAI die Zahlen.
Die Zahl der Menschen, die sich als Gläubige bezeichnen, ging in den letzten zwei Jahrzehnten um mehr als ein Drittel zurück. Der Anteil der Besucher der Sonntagsgottesdienste gingen von 47 Prozent der Polen um die Jahrtausendwende auf 28 Prozent im Jahr 2021 zurück. Auch die Zahl der Priester- und Ordensberufungen ist rückläufig: Die Zahl der Seminaristen ging von 6.800 im Jahr 2000 auf 1.900 Anfang dieses Jahres zurück. Einer früheren Erhebung zufolge werden in diesem Jahr in Polen 288 Priester geweiht, deutlich weniger als im Jahr zuvor.
Rekordzahl an Priestern, hohes Engagement für die Ukraine
Dennoch gibt es derzeit in Polen so viele Priester wie noch nie in der Geschichte des Landes: Insgesamt gibt es derzeit 34.700 Ordens- und Weltgeistliche. Knapp 27.000 Ordensleute wirken in Polen, davon 16.000 Ordensfrauen und 10.700 Ordensmänner. In den vergangenen 25 Jahren ist die Zahl der Ordensleute um 25 Prozent gesunken. Im Ausland sind 1.743 Polen in 99 Ländern tätig, vor allem in Südamerika und Afrika. Acht Prozent der Laien, etwa 2,6 Millionen Menschen, engagieren sich ehrenamtlich in der Kirche. 90 Prozent der Ehrenamtlichen in Polen sind den Zahlen zufolge Freiwillige in katholischen Organisationen.
In den vergangenen Jahren war vor allem die Hilfe für die Opfer des Krieges gegen die Ukraine ein Schwerpunkt des Engagement. Es habe keine einzige Pfarrei in Polen gegeben, die sich nicht in der Hilfe für Ukrainer engagiert habe. Zwei Millionen Geflüchtete aus dem Nachbarland hätten durch die polnische Caritas materielle Hilfe erhalten. Für die Hilfe in Polen wurden durch die Caritas 337 Millionen Złoty (etwa 73 Millionen Euro), für Hilfe in der Ukraine 260 Millionen Złoty (etwa 53 Millionen Euro) zur Verfügung gestellt. Die gesamte Höhe der Hilfsleistungen der polnischen Kirche sei schwer zu beziffern, da sie vor allem an der Basis von Gemeinden, Institutionen und Einzelpersonen geleistet worden sei. Allein die Caritas habe 20.000 ehrenamtlich Helfende gestellt. (fxn)