Deutsche Bischofskonferenz beendet Tagung in Wiesbaden

Herbstvollversammlung: Bischofstreffen zwischen synodalen Wegen

Veröffentlicht am 28.09.2023 um 18:27 Uhr – Von Christoph Brüwer – Lesedauer: 

Wiesbaden ‐ In der kommenden Woche beginnt die Weltsynode in Rom. Der lange Schatten dieser Veranstaltung fiel auch auf die Herbstvollversammlung der Deutschen Bischofskonferenz. Die Bischöfe beschäftigten sich dabei auch mit dem Synodalen Weg – und bemühten sich um Miteinander.

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"Wir wollen als stellvertretenden Vorsitzenden jemanden, der verbinden kann, der vermitteln kann – gerade auch in dieser Situation, in der wir als Kirche stehen." Diese Stellenumschreibung habe eine große Rolle bei denen gespielt, die ihn vorgeschlagen haben, sagte der Bischof von Fulda, Michael Gerber, nach seiner Wahl am Dienstag. Der 53-Jährige ist neuer stellvertretender Vorsitzender der Deutschen Bischofskonferenz (DBK) und sieht im Zusammenführen der unterschiedlichen Positionen seinen Auftrag.

Chancen, diesen Auftrag auszuführen, dürfte Gerber schon bei der am Donnerstag zu Ende gegangenen Herbstvollversammlung der DBK in Wiesbaden gehabt haben. Denn zum ersten Mal nach dem Ende der fünften Synodalversammlung des Synodalen Wegs im Frühjahr haben sich die Bischöfe getroffen, um unter anderem bei einem Studientag über den Reformprozess zu reflektieren. Und dabei dürfte es durchaus kontrovers zugegangen sein. Im am Donnerstag vorgelegten Abschlussbericht liest sich das so: "Wir hatten eine sehr ehrliche und inhaltsreiche Debatte, auch in einer Form der geistlichen Reflexion." Weitere Details wollte der DBK-Vorsitzende, Bischof Georg Bätzing, im Bericht nicht nennen.

Gespräche über Erfahrungen, Erfolge und Verletzungen

In der abschließenden Pressekonferenz betonte Bätzing, dass die dortige Standortbestimmung wichtig gewesen sei. Er glaube nicht, dass sich die persönlichen Standpunkte zu den inhaltlichen Fragen des Synodalen Wegs bei den Bischöfen geändert hätten. "Aber es hat uns die Möglichkeit gegeben, uns untereinander vor allem auch in Kleingruppengesprächen auszutauschen, was die Motivationen, was die Erfahrungen, was die Erfolge und auch die Verletzungen, die es unterwegs gegeben hat, bedeutet haben", erklärte Bätzing.

„Im Nachhinein überwiegt bei mir der kritische Blick, weil ich erlebt habe, dass nach meiner Wahrnehmung die Polarisierungen stärker wurden.“

—  Zitat: Bischof Stefan Oster über den Synodalen Weg

Der Passauer Bischof Stefan Oster zog am Mittwoch ein anderes Fazit zum Synodalen Weg: "Im Nachhinein überwiegt bei mir der kritische Blick, weil ich erlebt habe, dass nach meiner Wahrnehmung die Polarisierungen stärker wurden: zwischen der Kirche in Deutschland und Rom, unter uns Bischöfen und innerhalb des Volkes Gottes", kritisierte er in seinem Statement zur Weltsynode den Reformprozess der Kirche in Deutschland. Oster ist einer der vier Bischöfe, die die Finanzierung des Synodalen Ausschusses über den Verband der Diözesen Deutschlands verhindert hatte. Nun wollen sich vier nicht näher genannte Bistümer um die Finanzierung des Gremiums kümmern, erklärte Bätzing. Bätzing und Oster sind zwei der fünf DBK-Bischöfe, die in den kommenden Tagen nach Rom aufbrechen werden.

Der DBK-Vorsitzende selbst zeigte sich im selben Pressegespräch dankbar über die Auswahl der bischöflichen Delegation aus Deutschland, die "wirklich ein gutes Spektrum der ganzen Bischofskonferenz" abbilde. "Wir lernen mit den Unterschieden zu leben, wir lernen, sie brüderlich miteinander zu teilen und auch zu artikulieren. Und es ist gut, wenn das auch in die Weltsynode mit einfließt", so Bätzing.

Arbeitshilfe zum Thema "Missbrauch geistlicher Autorität"

Neben dem Synodalen Weg und der Weltsynode haben die deutschen Bischöfe sich in Wiesbaden auch mit dem Thema Missbrauch beschäftigt. Die Bischöfe bekräftigten ihren Entschluss, auch weiterhin am Verfahren zur Anerkennung des erlittenen Leids festhalten zu wollen. Einem Vorschlag des Betroffenenbeirats nach drei Grundpauschalen, ist die Vollversammlung damit nicht gefolgt.

Bereits am Dienstag wurde eine 47-seitige Arbeitshilfe mit dem Titel "Missbrauch geistlicher Autorität – Zum Umgang mit Geistlichem Missbrauch" vorgestellt. Darin geben die Bischöfe eine Definition für den Komplex Geistlicher Missbrauch und beispielhafte Leitfäden für dessen Prävention und Aufarbeitung und nennen Interventionsmöglichkeiten. Die Arbeitshilfe sei nicht auf öffentlichen Druck entstanden, betonte der Bischof von Dresden-Meißen, Heinrich Timmerevers, bei der Vorstellung am Dienstag. "Nein, öffentliches Interesse an dem, was Geistlicher Missbrauch anrichtet, gab und gibt es leider noch immer viel zu wenig."

Bild: ©KNA/Julia Steinbrecht

Die bischöfliche Delegation aus Deutschland für die Weltsynode (v.l.n.r.): Franz-Josef Overbeck (Essen), Bertram Meier (Augsburg), Felix Genn (Münster), Georg Bätzing (Limburg) und Stefan Oster (Passau) am 27. September 2023 in Wiesbaden.

Weit größer war das öffentliche Interesse in der Tat mit Blick auf die Position der Kirche zur AfD. Dazu hatten sich hochrangige Kirchenvertreter bereits in den vergangenen Wochen geäußert. In Wiesbaden bekräftigte Bischof Bätzing gleich zweimal, dass die katholische Kirche extremistische Äußerungen niemals tolerieren dürfe. "Als Bischofskonferenz lehnen wir extremistische Äußerungen grundsätzlich ab, weil sie sowohl christlichen Überzeugungen widersprechen als auch schlichtweg inakzeptabel und intolerabel sind", heißt es im Abschlussbericht. Ein Kompromiss aus den Diskussionen unter den Bischöfen, erklärte Bätzing bei der Pressekonferenz. Er selbst halte die AfD in der Gänze ihres Programms für unvereinbar mit den christlichen Werten und Menschenbild.

Diskussion um Grußwort des Apostolischen Nuntius

Das christliche Menschenbild – oder genauer die christliche Geschlechteranthropologie – war auch das Thema des Grußwortes des Apostolischen Nuntius zu Beginn der Vollversammlung. Darin warnte Erzbischof Nikola Eterovic davor, dass das biblische Bild vom Menschen durch die "Gender-Ideologie" in Gefahr sei. In einer Aussprache wiesen die deutschen Bischöfe ihn laut Bätzing auf neue Erkenntnisse der Biowissenschaften hin. Die "harten Sprachbilder" des Nuntius seien nicht geeignet, um in einer sich verändernden Mitwelt gesprächsfähig zu bleiben. In diesem Sinn hätten sich die Bischöfe schon bei der Synodalversammlung erklärt.

Diese christliche Anthropologie ist eines der vielen Themen, bei denen Gläubige sich Reformen auf der Weltsynode erhoffen. Und diese große Kirchenversammlung wirft ihren langen Schatten bereits voraus. Denn bevor die Beratungen in Rom am kommenden Mittwoch beginnen, findet am Samstag bereits eine ökumenische Vigil-Feier auf dem Petersplatz statt. Sie soll betonen, dass der synodale Prozess der Weltkirche vor allem ein spiritueller Prozess ist. Mit dabei ist dann unter anderem auch der neue stellvertretende Vorsitzende der DBK, Bischof Michael Gerber.

Von Christoph Brüwer