Schwester Jordana Schmidt über das Sonntagsevangelium

Was fordert Gott von uns?

Veröffentlicht am 07.10.2023 um 12:15 Uhr – Lesedauer: 
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Schwalmtal-Waldniel ‐ Jesus merkt, ihm läuft die Zeit davon, doch seine Botschaft fruchtet noch nicht bei allen. Er muss eindringlicher werden – und erzählt ein Gleichnis. Schwester Jordana Schmidt fragt: Ist darin auch ein Bild enthalten, das für uns als Kirche gilt?

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Jesus muss in der letzten Phase seines Lebens immer heftiger werden, scheint mir. Er merkt, es funktioniert nicht. Seine Botschaft bringt keine Frucht. Jedenfalls nicht bei allen. Die besonders gesetzestreuen Pharisäer bekommen hier einen Wink mit dem Zaunpfahl. Er spricht von Mord an ziemlich vielen Menschen, unabhängig welcher Stellung. Selbst der Sohn des Weinbergbesitzers wird getötet. So wie er selbst getötet werden wird.

Ist es auch ein Bild, was für uns als Kirche gilt? Wenn ich mich gerade so in der Kirche umschaue, bin ich mir nicht so sicher, mit wem wir uns da vergleichen: Mit den Mitarbeitenden des Besitzers oder mit den Pächtern. Ich weiß, es wird darum gerungen, was die heutigen Früchte sind. Da gibt es neue Wege und Hoffnung, aber auch Totschlagargumente und Kritik.

Auch wenn dieser Text noch so destruktiv erscheint, so lese ich auch den Satz, "der Stein, den die Bauleute verworfen haben, er ist zum Eckstein geworden". Ein Satz, wie für uns bestimmt, die wir in dieser Kirche leben, die sich auf dem Eckstein Jesus gründet. Ein Satz für mich.

Wenn ich einen Pachtvertrag mit diesem Gott, aus meinem Glauben heraus, habe, dann ist die Frage, was erwächst daraus? Was gebe ich zurück? Ich erwarte den Schutz, das Vertrauen und die Pflege dieses Gottes, so wie in dem Gleichnis mit dem gut geschützten Weinberg. Was bin ich bereit, als Pacht zu zahlen? Will ich in meinem tiefsten Inneren noch zu ihm gehören oder brauche ich nur den Deckmantel, die Schutzmauer? Will ich den, der von mir etwas verlangt, überhaupt in meinem Leben haben? Wie ist mein Gottesbild? Möchte ich immer nur den lieben Gott, der mich einfach nur so liebt? Dem ich nichts schulde? Auch dieses Bild ist berechtigt und stärkend. Aber die Bibel zeigt mir auch den Gott, der etwas von mir fordert – für etwas Größeres – das nicht weniger ist als das Reich Gottes. Wir dürfen mitbauen, wir dürfen unseren Beitrag leisten. Nicht schimpfend auf die, die Gott dies verweigern und ihn sterben lassen, sondern konstruktiv und aktiv. Die Trümmersteine nehmen und Neues daraus gestalten. Hört sich sehr abstrakt an, wenn ich nur eine einzige Gläubige bin, aber auch hier gibt mir das Gleichnis Hoffnung: der einzelne Stein, den die Bauleute verwarfen, nicht die Steine! DER ist Anfang von etwas Großem geworden. Also schaffe ich es dann doch diesen schwierigen Text für mich fruchtbar zu machen. In diesem Sinne: Nutzen Sie Ihr Leben mit Gott, um Großes zu bewirken.

Evangelium nach Matthäus (Mt 21,33-44)

In jener Zeit sprach Jesus zu den Hohepriestern und den Ältesten des Volkes: Hört noch ein anderes Gleichnis: Es war ein Gutsbesitzer, der legte einen Weinberg an, zog ringsherum einen Zaun, hob eine Kelter aus und baute einen Turm. Dann verpachtete er den Weinberg an Winzer und reiste in ein anderes Land. Als nun die Erntezeit kam, schickte er seine Knechte zu den Winzern, um seine Früchte holen zu lassen. 

Die Winzer aber packten seine Knechte; den einen prügelten sie, den andern brachten sie um, wieder einen anderen steinigten sie. Darauf schickte er andere Knechte, mehr als das erste Mal; mit ihnen machten sie es genauso. Zuletzt sandte er seinen Sohn zu ihnen; denn er dachte: Vor meinem Sohn werden sie Achtung haben. Als die Winzer den Sohn sahen, sagten sie zueinander: Das ist der Erbe.
Auf, wir wollen ihn umbringen, damit wir sein Erbe in Besitz nehmen. Und sie packten ihn, warfen ihn aus dem Weinberg hinaus und brachten ihn um.

Wenn nun der Herr des Weinbergs kommt: Was wird er mit jenen Winzern tun? Sie sagten zu ihm:
Er wird diese bösen Menschen vernichten und den Weinberg an andere Winzer verpachten, die ihm die Früchte abliefern, wenn es Zeit dafür ist. Und Jesus sagte zu ihnen: Habt ihr nie in der Schrift gelesen:
Der Stein, den die Bauleute verworfen haben, er ist zum Eckstein geworden; vom Herrn ist das geschehen
und es ist wunderbar in unseren Augen? Und wer auf diesen Stein fällt, wird zerschellen;
auf wen der Stein aber fällt, den wird er zermalmen. Darum sage ich euch: Das Reich Gottes wird euch weggenommen und einem Volk gegeben werden, das die Früchte des Reiches Gottes bringt.

Die Autorin

Schwester Jordana Schmidt OP ist gelernte Familientherapeutin und Diplom-Heilpädagogin. Seit 1994 gehört sie den Dominikanerinnen von Bethanien an. Von 2002 bis 2012 arbeitete sie als Erziehungsleiterin im Bethanien Kinderdorf in Schwalmtal-Waldniel und war zwischen 2012 und 2020 Kinderdorfmutter. Heute lebt sie als SPLG Mutter (Sozialpädagogische Lebensgemeinschaften) mit zwei Kindern in Krefeld. Momentan sie ist mehrmals im Jahr im Radio bei "Kirche im WDR" zu hören. Ihre Bücher "Auf einen Tee in der Wüste" und "Ente zu verschenken" waren wochenlang auf der Spiegel-Bestsellerliste.

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