Bistum belegt mit Historikergutachten christliches Martyrium

Seligsprechung für Nazigegner Eugen Bolz in nächster Phase

Veröffentlicht am 12.10.2023 um 16:21 Uhr – Lesedauer: 

Rottenburg ‐ "Politik ist für mich nichts anderes als praktische Religion", war der Wahlspruch von Eugen Bolz. Aufgrund seiner Gegnerschaft zum Nationalsozialismus ermordete das Regime den gläubigen Katholiken und Politiker. Seine Seligsprechung rückt nun näher.

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Das Seligsprechungsverfahren des von den Nazis ermordeten württembergischen Staatspräsidenten Eugen Bolz hat einen wichtigen Schritt genommen. Der Rottenburger Bischof Gebhard Fürst hat das Historikergutachten entgegengenommen und wird es in den nächsten Tagen an das Heiligsprechungsdikasterium in Rom weiterleiten, teilte die Diözese am Donnerstag mit. Das von dem Tübinger Kirchenhistoriker Andreas Holzem angefertigte Gutachten mit dem Titel "Eugen Bolz – Ein christliches Martyrium im Nationalsozialismus" belegt, dass Bolz aus seiner katholisch-christlichen Überzeugung heraus Widerstand gegen die Nationalsozialisten leistete. Neben Holzem waren an der jahrelangen Arbeit an dem vom Kirchenrecht verlangten Gutachten auch die Aachener Kirchenhistorikerin Daniela Blum und der Direktor des Generallandesarchivs Karlsruhe, Wolfgang Zimmermann, beteiligt. Mit der Übermittlung des Historikergutachtens endet die diözesane Phase des Seligsprechungsverfahrens, für die nächsten Verfahrensschritte ist die Vatikanbehörde zuständig.

Bei der Übergabe des Gutachtens der "Historischen Kommission" im Rottenburger Bischofshaus (von links): Wolfgang Zimmermann, Gebhard Fürst, Andreas Holzem und Thomas Weißhaar.
Bild: ©Diözese Rottenburg-Stuttgart/Gregor Moser

Archivdirektor Wolfgang Zimmermann (l.) und Kirchenhistoriker Andreas Holzem (3. v. l.) übergaben das Gutachten der Historischen Kommission an Bischof Gebhard Fürst (2. v.l.) und an den Bischöflichen Beauftragten für das Seligsprechungsverfahren, Offizial Thomas Weißhaar (r.), im Rottenburger Bischofshaus.

Eugen Bolz wandte sich schon in den 1920er Jahren gegen den aufkeimenden Nationalsozialismus. Von 1928 bis 1933 war der Politiker der Zentrumspartei Staatspräsident des Volksstaats Württemberg. Bereits 1933 wurde er aufgrund seiner Opposition zum Regime erstmals verhaftet. 1942 schloss er sich dem Widerstandskreis um Carl-Friedrich Goerdeler an. Nach dessen Plänen sollte Bolz nach dem Ende des Naziregimes Kulturminister in Deutschland werden. Nach dem missglückten Attentat vom 20. Juli 1944 wurde er verhaftet, vom Volksgerichtshof zum Tode verurteilt und am 23. Januar 1945 in Berlin-Plötzensee enthauptet.

Das Seligsprechungsverfahren für Bolz wurde 2015 durch Bischof Fürst eröffnet. Damals würdigte Fürst den Politiker neben dem von den Nationalsozialisten verfolgten Rottenburger Bischof Joannes Baptista Sproll als zweiten großen Bekenner und Glaubenszeugen der württembergischen Diözese gegen das NS-Regime. Auch für Sproll wurde ein Seligsprechungsverfahren durch Fürst angestoßen, das allerdings noch nicht so weit wie das von Bolz ist. Für eine Seligsprechung als Märtyrer ist der Nachweis eines Wunders auf die Fürsprache des Kandidaten nicht erforderlich, stattdessen müssen drei Kriterien vorliegen: die Tatsache des gewaltsamen Todes, der Glaubens- und Kirchenhass seiner Verfolger sowie die Bereitschaft des Glaubenszeugen, den Willen Gottes innerlich angenommen zu haben. (fxn)