Blick über den Tellerrand
"Die Deutsche Bischofskonferenz wünschte sich, dass eine größere Zahl ausländischer Studierender in Deutschland studiert und dies unter einheitlicheren Bedingungen ", erklärt der Koordinator des Programms, Roman Beck, vom Institut für Weltkirche und Mission (IWM) .
Und so wurde im Oktober 2013 das Theologische Stipendienprogramm Albertus Magnus ins Leben gerufen und das IWM von der Bischofskonferenz mit der Planung und Durchführung beauftragt. Seither sind 35 Stipendiaten zwischen Anfang 20 und Ende 30 nach Deutschland gekommen. Darunter hauptsächlich Afrikaner aus Nigeria, Sambia, Ruanda oder dem Senegal, aber auch Studierende aus Indien, Südamerika und Osteuropa. Sie haben drei Jahre Zeit zu promovieren oder innerhalb von zwei Jahren ein Lizenziat zu erlangen. Letzteres ist ein kircheninterner Abschluss mit einer begrenzten Lehrerlaubnis für Hochschulen.
Was ist neu?
Was ist neu am Albertus-Magnus-Programm? Zunächst einmal gibt es einen festgelegten Ablauf zur Aufnahme von Stipendiaten aus dem Ausland. Ein Gremium aus Hochschullehrern prüft die Bewerbungsunterlagen und begleitet die Stipendiaten. "Vorher war es manchmal so, dass Stipendiaten mit unzureichenden Studienleistungen nach Deutschland gekommen sind. Dies führte zu verzögerten Abschlüssen. Manche erreichten das Studienziel gar nicht", so Beck.
Nicht immer lag es an den persönlichen Leistungen. Bei vielen Fördermodellen waren und sind auch heute noch Studierende mit einer halben Stelle im pastoralen Bereich eingesetzt. "Wegen des Priestermangels ist die Unterstützung durch weltkirchliche Mitarbeiter in den Gemeinden sehr wichtig", räumt Beck ein. Der Fokus des Albertus-Magnus-Programms sei jedoch, den Stipendiaten ein ausreichendes monatliches Stipendium zu bezahlen, damit sie sich auf das Studium konzentrieren können und möglichst zügig zu ihrem Abschluss kommen.
Neben guten Studienleistungen ist die pastorale Bedeutung eines Forschungsprojektes für den Herkunftskontext bei der Vergabe von Stipendien ebenso von Belang, wie der Bedarf an wissenschaftlichem Nachwuchs in den Heimatdiözesen der Studierenden. Denn dort werden viele Stipendiaten in der theologischen Ausbildung eingesetzt oder übernehmen wichtige pastorale Aufgaben. "Aus diesem Grund ist die Rückkehr ins Heimatland nach dem Abschluss auch verpflichtend", betont Beck.
Weltkirche als Lerngemeinschaft
Das Albertus-Magnus-Programm steht unter dem Motto "Weltkirche als Lerngemeinschaft" und soll zum weltkirchlichen Austausch beitragen. "Es geht einerseits darum, neue Impulse nach Deutschland zu holen und zu lernen, wie Priester und Ordensleute in anderen Ländern und Kulturen mit theologischen und pastoralen Herausforderungen umgehen", erklärt Beck. "Im Gegenzug möchten wir uns mit unserer ja doch relativ reichen Kirche weltkirchlich einbringen und unsere Theologie weitergeben."
Zum Programm gehört auch eine ideelle Begleitung der Stipendiaten. Sie erhalten bei Bedarf Sprachkurse und absolvieren einen einführenden Kurs zum Thema "Deutsche Kirche und Gesellschaft". Bei der Jahresakademie in Sankt Georgen lernen sich die Stipendiaten in akademischer Hinsicht kennenlernen. Sie stellen ihre Projekte vor und üben sich in einer gewissen Diskussionskultur. Daneben gibt es weitere verbindliche Veranstaltungen der Stipendiengeber im Jahresprogramm, unter anderem zu gesellschaftspolitischen Themen.
Auch außerhalb des Stipendienprogramms sollen sich die Studierenden vernetzen. Dazu treffen sie sich zweimal im Jahr in Regionalgruppen und werden dabei von Vertrauensdozenten begleitet. In diesem Rahmen können sie auch über Sorgen und Nöte sprechen, die entstehen, weil sie aus anderen Kulturen kommen und hier im Alltag zurechtkommen müssen. Die Vertrauensdozenten haben ein offenes Ohr und stehen ihnen bei Bedarf zur Seite.
"Ich habe gute Kontakte zu anderen Stipendiaten und auch zu deutschen Studierenden", sagt Pater Padamadan Lawrence Thomas aus Indien, der an der Philosophisch-Theologischen Hochschule Vallendar promoviert. "Die reichen und akademischen Erfahrungen, die ich hier mache, werden für meine Zukunft von Vorteil sein", ist er sicher. Auch Roman Beck hat den Eindruck, dass die Stipendiaten sich gegenseitig unterstützen und an der Arbeit der anderen interessiert sind.
Kulturelle Bereicherung für deutsche Studenten
Die deutschen Mitstudierenden wiederum erlebten das interkulturelle Miteinander als bereichernd, weil sie auf diese Weise gerade in weltkirchlichen Fragen über den Tellerrand blicken können, so der Koordinator. Pater Aires de Sousa Santos erlebt das ähnlich. Für den Brasilianer, der zunächst in Berlin und jetzt in Paderborn studiert, ist das Stipendium "die Möglichkeit, um andere Kulturen kennenzulernen und damit das Verhalten und die verschiedenen Arten des Kirche-seins." Diese Erfahrungen möchte er nach seiner Rückkehr entweder in der Pastoral oder als Dozent an der Katholischen Fakultät in Sao Luis einsetzen.
Trotz aller Vorteile: Nicht alle Stipendiengeber sind mit fliegenden Fahnen zum Albertus-Magnus-Programm gewechselt. "Es bedarf von unserer Seite aus einer gewissen Überzeugungsarbeit, denn das Stipendienprogramm verursacht durch die zusätzliche ideelle Förderung der Studierenden höhere Kosten für die Hilfswerke und Bistümer", so Beck. Die Bischofskonferenz sei immer noch dabei, für die Beteiligung zu werben. "Es ist noch kein Selbstläufer."
Beck betont jedoch auch, dass das Stipendienprogramm kein Ersatz für bestehende Strukturen sein soll. "Viele Stipendiengeber machen sehr gute Arbeit und haben langjährige Erfahrungen in der Studienförderung." Gerade, was die interkulturelle Problematik angeht, aber auch bei der Auswahl der Stipendiaten und der Einschätzung ihrer Leistungen im Bewerbungsverfahren. "Das können und wollen wir nicht ersetzen, aber wir können versuchen, uns ergänzend und zusammenführend einzubringen."
Von Janina Mogendorf