Gabriele Eder-Cakl fordert Zugang zu sieben Sakramenten für Frauen und Männer

Theologin: Kirche muss sich für beide Geschlechter einsetzen

Veröffentlicht am 28.10.2023 um 00:01 Uhr – Von Madeleine Spendier – Lesedauer: 

Wien  ‐ Gabriele Eder-Cakl leitet das österreichische Pastoralinstitut in Wien und setzt sich für Geschlechtergerechtigkeit in der Kirche ein. Im Gespräch mit katholisch.de erklärt die Theologin, warum sie daran glaubt, dass das Frauendiakonat schon bald möglich sein wird.

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Die Theologin Gabriele Eder-Cakl leitet das Österreichische Pastoralinstitut in Wien. Das ist eine Fachstelle der Österreichischen Bischofskonferenz für die Themen Pastoral, Katechese und Evangelisierung. Als Ansprechpartnerin für den synodalen Prozess in ihrer Heimatdiözese Linz war Eder-Cakl von Anfang an mit der Weltsynode beschäftigt. Anfang Oktober hat die Direktorin des Pastoralinstituts an einer Tagung von Laien in Rom teilgenommen, deren Forderungen auch in einen offenen Brief in die Weltsynode eingeflossen sind. Darüber spricht sie im Interview mit katholisch.de und auch über ihre Hoffnung für die Rolle von Frauen in der Kirche.  

Frage: Frau Eder-Cakl, wie erleben Sie den Prozess der Weltsynode in Rom?

Eder-Cakl: Ich bin mit Freude bei diesem Prozess der Kirche dabei, weil ich das Gefühl habe, dass sich wirklich etwas bewegt. Jetzt setzt man sich zusammen und diskutiert offen darüber, wie heute Christ:in-Sein gehen kann. Die Synodenteilnehmer und Synodenteilnehmerinnen tauschen sich untereinander und mit dem Papst über pastorale Erfahrungen aus. Damit schauen sie genau hin, was sind die Fragen und Zeichen der Zeit. Das ist ein enorm wichtiger Prozess. Auch das gegenseitige Zuhören. Ich glaube wirklich, dass sich allein dadurch etwas verändert. Die Kirche stellt sich so hinein in unterschiedliche pastorale Situationen. Da prallt manches aufeinander. Und das Gute daran ist, die Kirche hält das aus. Ich bin froh über diesen synodalen Prozess. Ich war zu Beginn der Weltsynode auf einem Treffen von Laientheologinnen und -theologen aus aller Welt in Rom. Dort haben wir viel über die Herausforderungen der Kirche von heute diskutiert. Wie die Teilhabe aller Gläubigen in der Kirche verwirklich werden kann und wie Klerikalismus vermieden werden kann, waren dabei entscheidende Fragen. All unsere Beobachtungen und Forderungen haben wir dann in einem offenen Brief an die Synodenteilnehmer geschickt. Wir fordern darin mehr Beteiligung in der Kirche in Form von Mitverantwortung, Mitentscheidung und gegenseitiger Ermächtigung.

Frage: Was ist Ihr Wunsch in Hinblick auf die Rolle der Frauen in der Kirche?

Eder-Cakl: Seit Jahren setze ich mich mit voller Kraft als Frau, als Leitungsfrau, für die Geschlechtergerechtigkeit auf allen Ebenen der Kirche und in der Gesellschaft ein. Dieses Thema bringe ich auch immer wieder in die Österreichische Bischofskonferenz ein. Dort gibt es schon eine längere Tradition des Dialogs zwischen Frauen, Ordensgemeinschaften und kirchlichen Verantwortungsträgerinnen und -trägern. Ich finde, wir sind da auf einem guten Weg miteinander. Ich sage auch immer bewusst dazu: Geschlechtergerechtigkeit ist kein mitteleuropäisches Phänomen, sondern ein weltweites Thema. Geschlechtergerechtigkeit ist auch kein Privileg, kein Sonderstatus, sondern ein Grundrecht für alle. Es geht dabei um die Gleichwertigkeit von Frauen in der Gesellschaft, in der Sozialpolitik, im Bildungsbereich und auch bezüglich des Rechtsstatus. Es geht dabei vor allem um die Würde der Frau. Auch beim Zugang zum sakramentalen Amt.

Bild: ©kathpress / Josef Kuss

Die österreichische Theologin Gabriele Eder-Cakl im Gespräch mit den österreichischen Bischöfen Benno Elbs und Manfred Scheuer im Jahr 2021 in Mariazell.

Frage: Was fordern Sie konkret für Frauen in der Kirche?

Eder-Cakl: Es ist ganz einfach: Gerechtigkeit zeigt sich im grundsätzlichen Zugang zu allen sieben Sakramenten für alle. Das fordern nicht nur ein paar Feministinnen. Ich bin sehr viel im Gespräch mit Frauen und höre immer wieder dasselbe: Den Frauen ist wichtig, dass sie Zugang zum dreistufigen Amt bekommen. So ist das Diakonat für Frauen nicht nur ein zeitgeistiges Phänomen, sondern ein eindeutiges Zeichen der Zeit, das ernst genommen wird und werden sollte. Ich gehe davon aus, dass die Kirche dieses Amt öffnen möchte für uns Frauen. Das Thema Zugang für Frauen zum Diakonat ist auch im vatikanischen Arbeitspapier der Weltsynode "Instrumentum laboris" zu finden. Auch der Generalrelator der Synode, Kardinal Jean-Claude Hollerich, hat das Frauendiakonat als Thema der Weltsynode genannt. Es geht um die Wertschätzung der Charismen und der Partizipation aller in der Kirche. Denn die Hoffnung dabei ist, dass es ein echtes Miteinander wird, ganz im Sinne der Synode, also wirkliche Teilhabe für alle an der Sendung.

Frage: Ist es nicht nur Kosmetik, dass man sich mit diesem Thema auf der Weltsynode beschäftigt und sich dann doch wieder nichts ändern wird? Was bekommen Sie diesbezüglich von Teilnehmerinnen der Weltsynode mit?  

Eder-Cakl: Ich denke nicht, dass es nur Kosmetik ist, wie dort auf der Weltsynode über das Thema Frauen gesprochen wird. Es mag manche zermürben, dass es nun schon so lange dauert mit konkreten Entscheidungen etwa für den Zugang zu Ämtern für Frauen. Ich weiß auch nicht genau, was dort konkret an den Tischen besprochen wird. Aber dass das Thema ernst genommen wird, davon gehe ich aus - auch anhand der offiziellen Informationen, die von einzelnen Synodenteilnehmer und Synodenteilnehmerinnen in den Medien weitergegeben werden. Über die Stellung und Rolle der Frau in der Kirche wird bei der Weltsynode intensiv diskutiert.

Frage: Denken Sie, dass zum Ende der Weltsynode hin tatsächlich konkrete Ergebnisse für das Frauendiakonat auf den Tisch liegen werden?

Eder-Cakl: Ja, ich gehe davon aus, dass es im Oktober 2024, also gegen Ende des zweiten Teiles der Weltsynode, konkrete Entscheidungen in Bezug auf den Zugang der Frauen zum Diakonat geben wird. Daran kommt man nicht mehr vorbei. Die Bistümer werden in den Phasen dazwischen wahrscheinlich auch wieder etwas zu reflektieren haben. Das Frauenthema in der ganzen Breite ist mittlerweile für die Zukunft der gesamten Weltkirche zentral.

„Daher muss sich die Kirche im Sinne Jesu auch für beide Geschlechter einsetzen. Dass sich die Kirche nun nicht mehr darum drückt, sondern sich ernsthaft damit auseinandersetzt und auch darüber redet, wie etwa bei der Weltsynode, das freut mich.“

—  Zitat: Gabriele Eder-Cakl

Frage: Sie sind nicht eingeladen worden als Teilnehmerin an der Weltsynode in Rom. Hat Sie das gekränkt?

Eder-Cakl: Es kann nicht jede Theologin dabei sein. In Gedanken und im Gebet bin ich auf jeden Fall bei der Weltsynode dabei. Ich bin froh, dass auch eine Pastoraltheologin aus Österreich daran teilnimmt. Die Theologin Klara-Antonia Csiszar nimmt den west- und osteuropäischen Kontext in den Blick, sie spricht einige Sprachen fließend und ist theologisch sehr gut. Ich finde es wunderbar, dass Frauen an der Weltsynode teilnehmen. Es ist ein guter Anfang. Aber natürlich könnte das Bild von den Teilnehmenden an der Weltsynode noch bunter sein. Auch vom Alter her. Viele der Teilnehmenden sind älter. Das könnte man zum Beispiel auch ändern, indem man jüngere Teilnehmende einlädt. Ich bin dankbar, dass die Kurienbeamtin und Ordensfrau Schwester Nathalie Becquart dabei ist. Für mich ist sie die oberste Synodenfrau. Ich schätze sie sehr, weil sie wirklich für Geschlechtergerechtigkeit im Vatikan und in der Kirche eintritt. Sie und der Papst gehen da Schritt für Schritt voran. Das merkt man auch bei vatikanischen Gremien, die werden nun immer mehr mit Männern und Frauen besetzt, oft auch paritätisch. Da tut sich etwas in Rom, ich bin zuversichtlich.

Frage: Was ist Ihr Ziel, Ihre Vision für die Kirche von morgen?

Eder-Cakl: Die Teilhabe und Partizipation von Frauen in der Kirche muss ernst genommen werden. Ich wiederhole es gerne noch einmal: Zugang zu den sieben Sakramenten für alle. Ich verstehe es nicht mehr, und junge Leute verstehen das noch weniger, warum heute zwischen den Geschlechtern noch immer so ein Unterschied gemacht wird. Es ist nicht mehr vertretbar Es wird oft argumentiert: Jesus kann nur durch einen Mann repräsentiert werden. Aber dann müsste es in der Folge auch heißen: Jesus hat nur Männer erlöst. Das wäre die Logik aus dieser Argumentation. Aber das stimmt ja auch nicht. Also man darf so etwas nicht am Geschlecht festmachen. Ich glaube, dass die Kirche die Aufgabe hat, sich in der Welt einzusetzen im Sinne von Jesus, für die Gerechtigkeit, für Menschenwürde, für Schöpfungsverantwortung. Daher muss sich die Kirche im Sinne Jesu auch für beide Geschlechter einsetzen. Dass sich die Kirche nun nicht mehr darum drückt, sondern sich ernsthaft damit auseinandersetzt und auch darüber redet, wie etwa bei der Weltsynode, das freut mich. Darüber bin ich froh und dankbar. Eine ehrliche Geschlechtergerechtigkeit würde uns helfen, morgen schon glaubwürdiger in dieser Welt als Christinnen und Christen zu leben.

Von Madeleine Spendier

Zur Person

Die gebürtige Oberösterreicherin Gabriele Eder-Cakl (53) studierte in Salzburg und Tübingen Theologie und absolvierte eine Managementausbildung in Innsbruck. Sie arbeitete als Religionslehrerin, Pastoralassistentin, freie Mitarbeiterin für den Österreichischen Rundfunk und ab 2004 zehn Jahre lang in der Medienarbeit der Diözese Linz - ab 2014 als Leiterin des diözesanen Kommunikationsbüros. 2015 wechselte Eder-Cakl zum Bildungszentrum "Haus der Frau" der Katholischen Frauenbewegung. Ab 2017 leitete sie als erste Frau das Pastoralamt der Diözese Linz. Eder-Cakl war auch die diözesane Ansprechpartnerin für den weltweiten synodalen Prozess. Zuletzt leitete sie den Bereich Verkündigung und Kommunikation der Diözese Linz und seit März 2023 wechselte sie in das Österreichische Pastoralinstitut, eine Fachstelle der Österreichischen Bischofskonferenz Gabriele Eder-Cakl ist verheiratet und Mutter von drei Töchtern.