Wir machen keinen Frieden mit dieser Welt
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Die Diskussion um Waffenlieferungen an die Ukraine geht weiter, derzeit vor allem in Bezug auf Taurus-Marschflugkörper. Weitere Kriege fordern unsere Aufmerksamkeit oder entgehen ihr. Manche fragten mich, wie eine dezidiert christliche Haltung zum Krieg aussehen könne. Sie dürfe doch nicht darin bestehen, militärischer Aufrüstung das Wort zu reden. Die Frage ist berechtigt und ich habe noch keine fertigen Antworten. Aber ein paar Prinzipien sind mir wichtig geworden und lassen sich vielleicht auch auf andere Konflikte übertragen:
Christen schauen der Realität ins Auge. Wir ignorieren keine Fakten, nur weil sie uns nicht ins Konzept passen. Wir hören die Betroffenen, gestehen ihnen Expertise zu und lassen sie nicht allein. Schließlich sind auch beträchtliche Teile der Heiligen Schrift von Opfern militärischer Gewalt und Besatzung verfasst worden
Christen lassen sich nicht zu Waffen hybrider Kriegsführung machen. Wir suchen nach Wahrheit, auch wenn es schwierig ist. Wir machen nicht den Pilatus und fragen: "Was ist Wahrheit?" (Joh 18,38), um anschließend Unschuldige preiszugeben. Wir seufzen nicht "Im Krieg stirbt die Wahrheit zuerst", um uns die Mühe einer Quellenunterscheidung zu ersparen.
Christen suchen nach Frieden, aber sie machen keinen Frieden mit dieser Welt. Wir können Waffenlieferungen für ein notwendiges Übel halten und die Toten trotzdem betrauern. Wir können anerkennen, dass die Friedensbewegung instrumentalisiert wird, und wünschen, dem wäre nicht so. Wir können uns eingestehen, dass ein Waffenstillstand manchmal nur weitere Aufrüstung und erneuten Krieg bedeutet, und diese Erkenntnis bitter finden.
Einige der wichtigsten biblischen Texte sind aus einer Haltung radikaler Ehrlichkeit entstanden. Ebenso sollten wir pazifistischen Christen uns ehrlich machen. Vielleicht erwächst daraus eine neue Haltung, die sowohl der militaristischen als auch der "lumpenpazifistischen" Logik trotzt und dem Frieden Christi näherkommt.
Die Autorin
Dr. Juliane Eckstein ist Theologin und Alttestamentlerin an der Johannes Gutenberg-Universität Mainz.
Hinweis
Der Standpunkt spiegelt ausschließlich die Meinung der jeweiligen Autorin bzw. des Autors wider.