Missbrauchsaufarbeitung: Landeskirche Luzern droht mit Geldentzug
Der Synodalrat der katholischen Landeskirche im Schweizer Kanton Luzern hat eine Motion mit Forderungen zur Missbrauchsaufarbeitung an den Bischof von Basel, Felix Gmür, beschlossen und die Zahlung von Kirchensteuermitteln an die Erfüllung der Forderungen geknüpft. Die Synode fordert laut Pressemitteilung der Landeskirche (Mittwoch) etwa eine unabhängige Untersuchungskommission, eine unabhängige Meldestelle, ein Ende der Aktenvernichtungen, eine "Sonderkommission", an die das Bistum regelmäßig Bericht erstatten müsse, die Öffnung des Archivs der päpstlichen Nuntiatur und das Abrücken der Kirche von ihrer "lebensfeindlichen und homophoben Sexualmoral" – vor allem in Bezug auf die Lebensführung von kirchlichen Mitarbeitenden. Sollten diese Forderungen nicht erfüllt werden, will der Synodalrat die Hälfte der Kirchensteuern vorerst nicht an das Bistum weitergeben. Im Schweizer Religionsverfassungssystem entscheidet die Synode, wie viel Geld via Landeskirche ans Bistum fließt.
Ob die Maßnahmen umgesetzt werden, soll demnach eine Sonderkommission regelmäßig prüfen. Diese solle einen Kriterienkatalog entwickeln. Die zweite Hälfte des Luzerner Bistumsbeitrag für das kommende Jahr – 422.000 Franken – würden daher erst dann überwiesen, wenn die Forderungen erfüllt würden.
Lokale Kirchenbehörden hatten Kirchensteuer-Stopp schon beschlossen
Hintergrund ist die Veröffentlichung einer Pilotstudie der Universität Zürich zu Missbrauch durch Kirchenvertreter in der Schweiz im September. Die Studie hatte Hunderte Missbrauchsfälle in den Reihen der Schweizer Kirche festgestellt. Auch Bischöfe, darunter Gmür, sollen in Fällen nicht richtig gehandelt zu haben. Als Konsequenz hatte die Schweizer Bischofskonferenz bereits angekündigt, ein eigenes kirchliches Straf- und Disziplinargericht sowie eine unabhängige Meldestelle einzurichten und auf Aktenvernichtungen zu verzichten. Als Reaktion auf das Gutachten hatten einzelne lokale Kirchenbehörden bereits einen Stopp der Zahlungen von Kirchensteuermitteln ans Bistum Basel beschlossen.
Bereits kurz nach der Veröffentlichung der Missbrauchsstudie sagte die Präsidentin der Römisch-Katholischen Zentralkonferenz der Schweiz (RKZ), Renata Asal-Steger, in einem Interview: "Ich schließe nicht aus, dass wir zukünftig den Bischöfen die Geldzahlungen verweigern, sollte sich zu wenig bewegen." Grundlegende Strukturen der Kirche müssten dringend geändert werden, um Missbrauch im kirchlichen Kontext zu verhindern.
Am Montag teilte das Bistum Basel unterdessen mit, eine unabhängige Anwaltskanzlei mit kirchenrechtlichen Voruntersuchungen und der Prüfung von Anträgen durch Betroffene sexuellen Missbrauchs beauftragt zu haben. Die Verfahren sollen demnach ab Mitte November extern durchgeführt werden was eine größere Unabhängigkeit als bisher gewährleisten soll. (cbr)