ZdK-Generalsekretär Stefan Vesper über den Katholikentag in Münster

"Auch Katholiken sind Staatsbürger"

Veröffentlicht am 27.03.2015 um 00:00 Uhr – Lesedauer: 
Stefan Vesper, ZdK-Generalsekretär auf einer Bank im Grünen
Bild: © KNA
Katholikentag

Bonn ‐ Die Stadt Münster wird den Katholikentag im Jahr 2018 nicht finanziell bezuschussen. Die Enttäuschung beim Veranstalter, dem Zentralkomitee der deutschen Katholiken (ZdK), ist groß. ZdK-Generalsekretär Stefan Vesper spricht im Interview mit katholisch.de über die berechtigten Ansprüche auf öffentliche Zuschüsse und die Chancen, die ein Katholikentag der gastgebenden Stadt eröffnet.

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Frage: Herr Vesper, wie haben Sie die Entscheidung des Münsteraner Stadtrats aufgenommen, den Katholikentag 2018 finanziell nicht unterstützen zu wollen?

Vesper: Auch am Tag danach ist es für mich noch immer eine enttäuschende Entscheidung. Wir haben uns sehr auf Münster gefreut, weil es eine fantastische Stadt ist, die sich für den Katholikentag außerordentlich gut eignet. Ich habe während der Vorbereitung viele Gespräche geführt und Menschen getroffen, die uns sehr gerne in Münster mit dem Katholikentag begrüßen würden.

Frage: Das klingt nicht sehr optimistisch. Kann es sein, dass der Katholikentag 2018 doch in einer anderen Stadt stattfindet?

Vesper: Die ZdK-Vollversammlung hat beschlossen, den Katholikentag in Münster durchzuführen. Sie hat mich aber auch beauftragt, die finanziellen Rahmenbedingungen sicherzustellen. In der derzeitigen Situation muss ich jedoch vor sie treten und sagen, dass die Finanzierung nicht gesichert ist. Ich möchte aber noch einmal betonen, dass meine Mitarbeiter und ich in den vergangenen Monaten Dutzende Gespräche geführt haben, in denen wir viel Zustimmung bekommen haben. Da, wo man uns abgelehnt hat, wurden häufig Argumente vorgebracht, die eindeutig entkräftet sind. Und ich verstehe nicht, warum man das nicht einsieht.

Frage: Welche Argumente sind das?

Vesper: Wenn ich immer wieder höre, dass der Katholikentag nicht finanziert werden soll, weil er ein "internes Glaubensfest" sei, dann frage ich mich, ob die Menschen unsere Argumente eigentlich hören. Auch Katholiken sind Staatsbürger. Und der Katholikentag ist eine Basisbewegung der engagierten, ehrenamtlichen Laien. Sie engagieren sich in Verbänden und Räten. Sie tun das basisorientiert, für unsere Demokratie und für unser Gemeinwohl. Sie fragen nach Lösungen für das Flüchtlingsproblem und für andere soziale Fragen in unserem Staat. Sie beschäftigen sich mit Zukunftsfragen wie der Demografie und dem Klimawandel und setzen sich für den Frieden in der Welt ein. Wer ein Katholikentagsprogramm in die Hand nimmt, sieht das doch. Und: Der Katholikentag ist offen für alle, nicht nur ein Mitgliedertreffen, das interne Dinge bespricht und hierfür fälschlich öffentliche Gelder beanspruchen würde.

„Wer den ökonomischen und öffentlichkeitswirksamen Gewinn eines solchen Großereignisses für eine Stadt nicht sieht, den kann ich dann auch mit Argumenten nicht mehr erreichen.“

—  Zitat: Generalsekretär Stefan Vesper

Frage: Was heißt das nun für das Verhältnis zur Stadt Münster?

Vesper: Wir wollen nicht den Eindruck erwecken, wir seien enttäuscht von der Stadt selbst und den Menschen in Münster. Das stimmt nicht. Wir wollen Lösungsmöglichkeiten besprechen, eine Liste möglicher Sachleistungen aufstellen und am Ende zu einem positiven Ergebnis kommen.

Frage: Und wenn es nicht zu einem positiven Ergebnis kommt? Gibt es bereits Alternativen zu Münster?

Vesper: Ich möchte deutlich sagen, dass wir mit Münster eine Übereinstimmung finden wollen. Ich kann aber nicht sicher sein, ob uns das gelingt. Und dann muss die ZdK-Vollversammlung im Mai überlegen, wie sie sich entscheidet.

Frage: Einige CDU-Politiker haben von einer kirchenfeindlichen Entscheidung des Stadtrats gesprochen. Teilen Sie diese Ansicht?

Vesper: Ich unterstelle niemandem, der sorgsam mit den Finanzen seiner Stadt umgeht, Kirchenfeindlichkeit. Wenn eine Stadt aber "Kongressstadt" sein will, muss sie sich auch entsprechend verhalten. Veranstalter brauchen Sicherheiten. Wer den ökonomischen und öffentlichkeitswirksamen Gewinn eines solchen Großereignisses für eine Stadt nicht sieht, den kann ich dann auch mit Argumenten nicht mehr erreichen.

Frage: Sie sprechen den finanziellen Nutzen für die gastgebenden Städte an. Gibt es Zahlen von vergangenen Katholikentagen, die den belegen?

Vesper: Es gibt Untersuchungen für den Katholikentag 2012 in Mannheim. Da haben wir einen Zuschuss von etwa 1,5 Millionen Euro erhalten. Etwa 9 Millionen Euro sind nach Mannheim und in die Region zurückgeflossen. Rund 850.000 Euro davon gingen direkt an die Stadt, zum Beispiel für Mieten und viele andere Leistungen. Außerdem haben wir viele Dienstleistungen von Mannheimer Unternehmen in Anspruch genommen. Und schließlich sind da die Teilnehmer des Katholikentags, die etwa 35 Euro pro Tag in der Stadt lassen. Bei 40.000 Teilnehmern und einem Ereignis, das fünf Tage dauert, kommt eine ordentliche Summe zusammen. Den Imagegewinn, wenn fast 1.000 Journalisten aus der Stadt berichten, gar nicht gerechnet.

Frage: So ein Katholikentag kostet auch viel Geld. Für Münster waren rund neun Millionen Euro angesetzt. Was verursacht diese Kosten im Detail?

Vesper: Die Zahlen sind ja kein Geheimnis. Man muss sich klarmachen, dass es ein Großereignis ist. Da muss eine große Infrastruktur gegeben sein. Dazu gehören auch entsprechende Sicherheitsvorkehrungen. Die Kosten für die Bühnen, die technische Ausrüstung und das Personal sind hoch. Wir planen mit etwa 2.200 Helfern. Natürlich entstehen Programmkosten. Das Volumen von etwas über 9 Millionen Euro für eine solche Veranstaltung ist ein völlig normaler Betrag. Vor allem bringen ihn aber die Teilnehmer, das Bistum und eine Kollekte in allen Gemeinden in Deutschland auf. Aber öffentliche Zuschüsse von Stadt, Bund und Land gehören eben auch dazu.

Frage: Das ZdK ist auf finanzielle Unterstützung angewiesen, die "Institution Kirche" hat Geld. Eine falsche Verteilung der Kirchensteuer?

Vesper: Die Beteiligung der Laien an der Entscheidung über die Verteilung der Kirchensteuer ist auf Bistumsebene geregelt. Auf Bundesebene dagegen muss man noch weiterkommen. Das sage ich aber ausdrücklich losgelöst vom Katholikentag. Aber nochmals: Ein Katholikentag ist ein öffentliches Ereignis und eine gesellschaftspolitisches Debattenforum. Mich enttäuscht ganz besonders, dass einige wenige Vertreter aus Parteien in Münster, die sich den Bürgerdialog, die Beteiligung und das zivilgesellschaftliche Engagement auf die Fahnen geschrieben haben, die engagierten Katholiken von der Basis in einer solchen Weise behindern.

Frage: Nun fehlt der städtische Zuschuss von 1,2 Millionen Euro. Wie geht es jetzt weiter?

Vesper: Wir sprechen mit Münster über Höhe und Inhalt entsprechender Sachleistungen, so wie es uns angeboten wurde. Das war früher übrigens durchaus üblich. Da ging es um den Erlass von Miet- oder Reinigungskosten und viele ähnliche Dinge. Vor etwa 25 Jahren hat man allerdings aus guten Gründen gesagt, dass das ein falsches Vorgehen ist, weil es weniger transparent als ein Barzuschuss ist, bei dem dann alle Dinge korrekt abgerechnet werden. Nun sollen wir in Münster wieder zurück zu diesem alten System. Wir versuchen es nun und schauen dann weiter.

Frage: Was wünschen Sie sich, damit der Katholikentag 2018 in Münster trotzdem ein schönes Ereignis werden kann?

Vesper: Ich wünsche mir ein gutes Ergebnis aus den Verhandlungen über die Sachleistungen, um der Vollversammlung dann guten Gewissens sagen zu können: Die finanziellen Grundlagen für den Katholikentag sind gegeben und wir können endgültig mit der Planung beginnen.

Das Interview führte Björn Odendahl

Unterstützung vom Land NRW

Im Gegensatz zur Stadt Münster bezuschusst Nordrhein-Westfalen den Katholikentag 2018 und sichert auch Gelder für den Evangelischen Kirchentag 2019 in Dortmund zu. Das Land unterstützt den Katholikentag mit bis zu 1,6 Millionen Euro und den Kirchentag mit bis zu 3,5 Millionen Euro, wie die Staatskanzlei am Freitag nach Abfrage der Kabinettsmitglieder mitteilte. Es würden jeweils 18 Prozent der von Veranstaltern veranschlagten Gesamtkosten übernommen. Ministerpräsidentin Hannelore Kraft (SPD) erklärte, dass Katholiken- und Kirchentage mit ihren sozialen, kulturellen und ethischen Fragestellungen auch für die Gesellschaft als Ganzes von Bedeutung seien. "Deshalb möchte die Landesregierung beide Veranstaltungen unterstützen", so die Regierungschefin. Sie sei erfreut, dass es im Land wieder einen Katholiken- und einen Kirchentag gebe. Zuletzt fanden in NRW 1986 ein Katholikentag in Aachen und 2007 ein Kirchentag in Köln statt. ZdK-Präsident Alois Glück bedankte sich in einem Brief an Kraft für die Zuwendung des Landes. "Gerade in der aktuellen Debatte ist es von besonderem Wert, dass Sie die Bedeutung solcher herausragender Großereignisse wie Katholiken- und Kirchentage auch für den zivilgesellschaftlichen Dialog zu sozialen, kulturellen und ethischen Fragestellungen würdigen." (bod/KNA)