Pollack: Kirchenreformen werden Mitgliederschwund nicht bremsen
Reformen können nach Einschätzung des Religionssoziologen Detlef Pollack den Mitgliederschwund in den beiden großen Kirchen kaum stoppen. "Man sollte die Auswirkungen des kirchlichen Handelns nicht überschätzen", sagte Pollack der "Rheinischen Post" (Donnerstag).
Kirchliche Reformen hätten vor allem dann einen Effekt, wenn sie ausblieben: "Denn dann treten die Kirchenmitglieder massenweise aus – und das in der Regel mit gutem Gewissen." Würde aber etwa die verpflichtende Ehelosigkeit von Priestern abgeschafft oder die Weihe von Priesterinnen in der katholischen Kirche eingeführt, würde das nach seiner Überzeugung wenig ändern. Das sehe man auch an der evangelischen Kirche. Diese stehe nicht besser da als die katholische, obwohl es "weder einen Zölibat gibt noch den Ausschluss von Frauen von den ordinierten Ämtern".
"Mannigfaltige attraktive Alternativen"
Pollack äußerte sich mit Blick auf die am Dienstag vorgestellte Kirchenmitgliedschaftsuntersuchung (KMU). Demnach bezeichnen sich unter Kirchenmitgliedern nur noch vier (katholisch) beziehungsweise sechs Prozent (evangelisch) als gläubig und kirchennah. Außerdem kommt die Studie zu dem Schluss, dass das Vertrauen in die Institution Kirche weiter abnimmt.
"Die Abschwächung der Glaubens- und Kirchenbindungen hat viel damit zu tun, dass unsere Gesellschaft mannigfaltige attraktive Alternativen zu den kirchlich-religiösen Angeboten bereithält und den Menschen diese Alternativen wichtiger sind als religiöse Fragen", so Pollack. Eine Rolle spiele auch, dass die Menschen "sich nicht belehren lassen wollen und in allen Lebensfragen auf ihrer Autonomie bestehen – auch bei Fragen nach dem Sinn des Lebens und der angemessenen Interpretation der Welt". (KNA)