Bischof Bätzing bedauert Rücktritt von Annette Kurschus
Der Vorsitzende der Deutschen Bischofskonferenz (DBK) hat "mit großem Bedauern" den Rücktritt von Annette Kurschus von ihren leitenden Ämtern in der evangelischen Kirche aufgenommen. Die Gründe wolle er nicht beurteilen, erklärte der Limburger Bischof Georg Bätzing am Montag in Bonn, aber "mit dem Rücktritt von Annette Kurschus verliert der ökumenische Motor in unserem Land einen wesentlichen Antrieb". Kurschus legte am Montag ihre Leitungsämter als Ratsvorsitzende der Evangelischen Kirche in Deutschland (EKD) und als Präses der Evangelischen Kirche von Westfalen nieder. Ihr wird vorgeworfen, als frühere Gemeindepfarrerin in Siegen einen Fall sexuell übergriffigen Fehlverhaltens vertuscht zu haben, was sie aber bestreitet.
"Annette Kurschus habe ich nicht nur in der Ausübung des Amtes geschätzt, sondern auch als theologische Denkerin mit einer prägenden geistlichen Kraft und mutigen Visionen für ihre Kirche", betonte Bätzing. Den persönlichen engen Kontakt auf kurzen Wegen werde er ebenso vermissen "wie ihr weites Herz, dass sie der katholischen Kirche stets entgegengebracht hat". Bätzing zeigte sich dankbar für die Fragen, die Kurschus in ihrer Amtszeit gestellt habe: politisch und gesellschaftlich, theologisch und seelsorglich: "Gerade der jüngste gemeinsame Auftritt bei einer Kundgebung vor dem Brandenburger Tor gegen den Terror der Hamas und einen neuen Antisemitismus in Deutschland ist nur eines von vielen Beispielen."
Die Präsidentin des Zentralkomitees der deutschen Katholiken (ZdK), Irme Stetter-Karp, reagierte mit Respekt auf die Entscheidung von Kurschus. "Annette Kurschus hat mit ihrem Rücktritt vom Amt klare Konsequenzen aus einer öffentlichen Debatte um ihre Integrität gezogen", erklärte Stetter-Karp. Der Missbrauchsverdacht gegen den früheren kirchlichen Mitarbeiter in ihrem persönlichen Umfeld wiege schwer. Es sei aber nicht an ihr zu beurteilen, wie viel Kurschus davon gewusst habe, so die ZdK-Präsidentin. "Ich wertschätze ihre Entscheidung."
Respekt in evangelischer Kirche
Auch in den eigenen Reihen wurde der Rückzug von Kurschus mit Respekt aufgenommen. Damit zeige sie, "welchen Stellenwert konsequentes Handeln beim Thema sexualisierte Gewalt – gerade im Interesse der Betroffenen – für die evangelische Kirche hat", erklärte die Präses der EKD-Synode, Anna-Nicole Heinrich, am Montag in Hannover. Heinrich dankte Kurschus für die vertrauensvolle Zusammenarbeit zwischen Synode und Ratsvorsitzender: "Dein nachdenklicher Ton und deine klare Ausrichtung am Evangelium haben der Kirche in herausfordernden Zeiten gutgetan." Zugleich bekundete sie die Hoffnung, dass die Entscheidung von Kurschus nun den notwendigen Raum dafür schaffe, ihren Umgang mit einem Fall sexuell übergriffigen Fehlverhaltens aufzuarbeiten.
Die Hamburger Bischöfn Kerstin Fehrs, die den EKD-Ratsvorsitz kommissarisch übernommen hat, bekundete Hochachtung für die Rücktrittsentscheidung von Kurschus. "Diese Geradlinigkeit und Konsequenz hat auch unsere Zusammenarbeit im Rat der EKD geprägt." Für den Rat verbinde sich mit dem Rücktritt die Verpflichtung, "den eingeschlagenen Weg bei Aufarbeitung und Prävention sexualisierter Gewalt konsequent weiter voranzugehen".
Auch Missbrauchsbetroffene begrüßten den Rückzug von Kurschus. "Ihre Entscheidung, auf die Ämter zu verzichten, schützt unsere Arbeit vor weiteren Belastungen", erklärten die Betroffenenvertretung und das EKD-Beteiligungsforum. Was den Umgang mit dem Fall sexuell übergriffigen Fehlverhaltens betreffe, widersprächen sich nach wie vor die Darstellungen. Dies müsse durch unabhängige Fachleute untersucht werden. (tmg/KNA)
20.11., 13:10 Uhr: Ergänzt um weitere Reaktionen. 13:30 Uhr: Ergänzt um Stetter-Karp.