Strube sieht ideologische Nähe von Kirche und rechten Milieus

Theologin: Lebensschützern fällt Abgrenzung von Rechtsradikalen schwer

Veröffentlicht am 22.11.2023 um 11:44 Uhr – Lesedauer: 

Bad Frankenhausen ‐ Ob "Anti-Gender-Aktivismus" oder Lebensschutz: Nach Ansicht der Theologin Sonja Angelika Strube gibt es zwischen der katholischen Kirche und politisch rechten Milieus teilweise eine große thematische und ideologische Nähe.

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Nach Ansicht der Theologin Sonja Angelika Strube gibt es zwischen der katholischen Kirche und rechten Milieus teilweise eine große ideologische Nähe. Das zeige sich etwa bei Themen wie dem "Anti-Gender-Aktivismus" und im Bereich des Lebensschutzes, sagte Strube in einem Interview des Online-Magazins "Die Eule" (Mittwoch). Unter anderem seien in den vergangenen Jahren theologische Anliegen durch kirchliche Player politisiert worden, "und jetzt hat man falsche Freunde, mit denen teilweise bis in die Bischofsränge hinein koaliert wird". Sie denke hier etwa an die zwischenzeitliche Zusammenarbeit von Kardinal Raymond Burke mit Trump-Berater Steve Bannon. Katholischen Lebensschützern falle es sehr schwer, zugleich die Dringlichkeit ihres Thema zu betonen und sich von Rechtsradikalen abzugrenzen.

"Bei anderen Themen erleben wir allerdings eher eine 'Christianisierung' politischer Themen durch Rechtspopulisten und Rechtsradikale", so Strube weiter. Dabei würden Versatzstücke kirchlicher Lehre – etwa Zitate von Päpsten oder aus Lehrschreiben – genutzt, um die eigene politische Agenda zu fundieren und im kirchlichen Bereich Partner zu finden. "So will man sich gegenüber Konservativen als harmlose Christen darstellen."

Strube: Wer "Gender-Ideologie" sagt, hängt einer Verschwörungsideologie an

Mit Blick auf den "Anti-Gender-Diskurs" sprach die Theologin zudem von einer gezielten Unterwanderung der Kirche durch Rechtsradikale. "Von der wissen wir schon seit zehn, fünfzehn Jahren." Es werde seit vielen Jahren angemahnt, dass Menschen, die aus ehrlichen christlichen Beweggründen für den Lebensschutz engagiert seien, sich viel stärker von solchen Gruppen abgrenzen müssten. "Das wird immer wieder nicht getan oder nur als Lippenbekenntnis, weil man doch auf die Teilnehmerzahlen schaut", betonte die Theologin, die sich seit Jahren mit rechtsextremen Tendenzen in christlichen Milieus beschäftigt.

Strube forderten Kirchenvertreter dazu auf, "klar zu benennen, welche Gruppen man nicht mehr dabei haben will, von wem man sich also deutlich distanziert". Dazu müsse neben der Identitären Bewegung und Neonazis durchaus auch die AfD gehören. "Damit hätte man einige klare Linien benannt. Wichtige AkteurInnen der Lebensschutz-Bewegung aber wollen diese Abgrenzung gegenüber der AfD nicht ziehen." Wenn es um die Frage nach rechtextremen Einstellungen gehe, bleibe es wichtig, sich klarzumachen, welche Formen von Menschenfeindlichkeit man mit bestimmten Inhalten unterstütze. "Es ginge also auch darum, Begriffe wie 'Gender-Ideologie' nicht zu benutzen, die an sich schon unwahrhaftig sind". Wer etwa sage "Wir müssen gegen die Gender-Ideologie ankämpfen", zeige, dass er einer Verschwörungsideologie anhänge und sich mit dem Themenbereich nicht gut auseinandergesetzt habe. (stz)