CDU-Politikerin und Verbandschefin zu Frauen, LGBT und Kirche in Deutschland

KDFB-Präsidentin Karliczek: Wir brauchen Frauen in Weiheämtern

Veröffentlicht am 28.11.2023 um 00:01 Uhr – Von Madeleine Spendier – Lesedauer: 

Bonn ‐ Die CDU-Politikerin Anja Karliczek ist seit Oktober Präsidentin des Katholischen Deutschen Frauenbundes (KDFB). Im katholisch.de-Interview spricht sie über ihren Glauben und Geschlechtergerechtigkeit in der Kirche. Karliczek erklärt auch, warum sie einst gegen die Ehe für alle stimmte.

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Als Bundesministerin für Bildung und Forschung stimmte die CDU-Politikerin Anja Karliczek gegen die Ehe für alle. Seit Oktober ist sie Präsidentin des Katholischen Deutschen Frauenbundes (KDFB). Im Interview mit katholisch.de spricht die Politikerin über ihren Glauben und darüber, wie Geschlechtergerechtigkeit für Frauen in der Kirche verwirklicht werden könnte. 

Frage: Frau Karliczek, würden Sie sich als gläubige Katholikin bezeichnen?

Karliczek: Ja, ich bin gläubige Katholikin. Der Glaube war mir immer schon wichtig. Für mich ist das eine Form des Dazugehörens zur Kirche. In meiner Kindheit waren meine beiden Brüder Ministranten, für mich war das damals nicht möglich. Ich war aber Lektorin. Als Jugendliche war ich auch in einer Jugendgruppe engagiert. Dieser Gemeinschaftsgeist prägt mich bis heute. Meinen Kindern habe ich gemeinsam mit meinem Mann immer versucht, den Glauben vorzuleben und nahe zu bringen. Zum Beispiel haben wir unseren Kindern, als sie klein waren, abends aus der Kinderbibel vorgelesen. Das war ein wichtiges Ritual für uns alle.

Frage: Dass Sie als Mädchen nicht ministrieren durften, empfanden Sie das damals als ungerecht?

Karliczek: Ich hätte es damals schon gerne gemacht, habe es aber damals, in der Kirche der 70er und 80er Jahre noch nicht so hinterfragt. Aber ich habe das anders für mich gelöst, denn als Lektorin konnte ich auch dazugehören und mich für die Kirche engagieren. Ich durfte zu Beginn des Gottesdienstes mit dem Pfarrer und den Ministranten miteinziehen. Das fand ich schön. Für meine Tochter hingegen war es selbstverständlich, dass sie den Dienst am Altar ausüben konnte. Es hat mich auch gefreut, das mit ihr miterleben zu können.

Frage: Wie leben Sie Ihren Glauben heute - bei Ihrer Arbeit als Politikerin?

Karliczek: Für mich ist der Glaube in der Familie und im Beruf eins. Ich mache da keinen Unterschied. Ich halte die Zehn Gebote für sehr wichtig: Sie stehen in der christlich-jüdischen Tradition und haben auch in gewissem Sinne Eingang in unser Grundgesetz gefunden: Dass man ehrlich zueinander ist, dass man auf ein gutes Miteinander achtet oder die Würde des Mitmenschen achtet.

Frage: In Ihrer früheren Position als Bundesbildungsministerin waren Sie laut einer Aussage in Zeitungsberichten aus dem Jahr 2018 gegen die Ehe für alle. Wie sehen Sie das heute?

Karliczek: Als Parlamentarierin hat man immer auch die Aufgabe, die Meinungsbreite eines Volkes abzubilden und ich habe deshalb 2017 entschieden, gegen die Ehe für alle zu stimmen. Ich finde es gut, dass durch den Synodalen Weg in Deutschland wieder verstärkt über die kirchliche Segnung gleichgeschlechtlicher Paare diskutiert wird. Dass die Kirche sich dafür öffnet, finde ich einen so wertvollen Schritt in die richtige Richtung.

Frage: Sind Sie denn für eine Segnung gleichgeschlechtlicher Paare in der Kirche?

Karliczek: Ja, absolut. Wenn wir als Kirche Seelsorge ernst nehmen, dann ist das jetzt dran. Wenn Menschen in einer gleichgeschlechtlichen Partnerschaft sagen, wir wollen vor Gott Ja zueinander sagen, dann ist die Kirche der Ort, wo sie mit ihrer Liebe aufgehoben sein sollten. Und es ist Aufgabe der Kirche und des Staates solch eine Partnerschaft auch zu schützen. Denn nur daraus kann sich ein freies und ein gläubiges Leben entfalten.

Bild: ©KDFB / Harald Oppitz

Der KDFB-Bundesvorstand v.l.n.r. Christiane Fuchs-Pellmann (Bundesgeschäftsführerin), Martina Englhardt-Kopf, Dorothee Sandherr-Klemp, Anja Karliczek (Präsidentin), Ute Zeilmann, Annette Fischer, Birgit Kainz, Monika Arzberger und Lisa-Marie Singer.

Frage: Was wünschen Sie sich für Frauen in der Kirche zum Thema Geschlechtergleichheit?

Karliczek: Ich finde, es ist an der Zeit, dass die Kirche die Weiheämter für Frauen öffnet. Eine Frau kann sich genauso zum Priesteramt berufen fühlen wie ein Mann. Dass sie diesen Dienst dann mindestens so gut ausfüllt und macht, davon bin ich felsenfest überzeugt. Ich finde, durch Frauen in Weiheämtern würden sich ganz neue Möglichkeiten in der Seelsorge eröffnen. Ich glaube, dass die Gemeinden davon sehr profitieren würden. Wenn Frauen dabei wären, würde das der Kirche guttun. Den Menschen Mut machen, die Eucharistie mit ihnen feiern, ihnen Sicherheit und Halt im Glauben geben: All das können Frauen natürlich ebenso wie Männer. Die Welt ändert sich ständig - gut, wenn wir als Kirche da mitgehen und diese Veränderungen in der Hierarchie auch zulassen.

Frage: Wäre das auch etwas für Sie gewesen, wenn Sie schon als Mädchen hätten ministrieren dürfen, um dann Priesterin sein zu können?

Karliczek: Mir wäre wahrscheinlich der Zölibat im Weg gestanden, weil mir von klein auf klar war, dass ich mir eine eigene Familie wünsche. Ich persönlich fühle mich auch nicht zur Priesterin berufen. Ich bin in einem Hotelbetrieb aufgewachsen, da war es auch nicht von vornherein klar, dass ich einmal Politikerin werde. Ich bin da erst mit der Zeit reingewachsen. Heute bin ich froh über meinen Weg.

Frage: Wofür wollen Sie sich in Ihrer Funktion als neue Präsidentin des KDFB für die katholischen Frauen in erster Linie einsetzen?

Karliczek: Ich sehe mich vor allem als Brückenbauerin zwischen Politik und Kirche. Es geht mir darum, die unterschiedlichen Positionen innerhalb des Verbandes wahrzunehmen und nach außen zu vermitteln und auch die Anliegen des Verbandes sichtbar zu machen. Uns sind die Themen Bildung und Weiterbildung sehr wichtig. Auch der religiöse Disput ist wichtig. Dazu gehört auch die Ämterfrage für Frauen. Wenn wir wollen, dass Glaube und Kirche wichtige Mitspieler im Leben der Menschen bleiben, nicht nur bei uns in Deutschland, sondern weltweit, dann müssen diese Schritte jetzt gesetzt werden. Daher brauchen wir Frauen im sakramentalen Weiheämtern.

Frage: Was für einen konkreten Tipp geben Sie, als Politikerin, Frauen die sich zur Priesterin berufen fühlen?

Karliczek: Ich finde, man sollte sich dafür Verbündete suchen. Frauen sollten sich fragen, wer kann mich dabei unterstützen, das Thema voranzubringen? Gibt es schon Gremien, - in diesem Fall gibt es sie - die das Thema anpacken und wie können die sich noch mehr vernetzen, um das Thema zu stärken? Zu diesem Netzwerk gehören auch die Männer. Und wir Frauen sollten internationaler dabei denken. In Südamerika wird die Ämterfrage für Frauen sehr ähnlich wie bei uns gesehen. Auch dort gibt es den Wunsch von Frauen, endlich Diakoninnen oder Priesterinnen sein zu können. Auch aus anderen Regionen der Welt vernehmen wir das. Daher gilt es, hier internationale Vernetzungen zu schaffen oder zu stärken, wie es der KDFB schon macht, damit Frauen sich austauschen können und gemeinsam für die Sache eintreten. Letztlich könnte man so dann irgendwann sicher auch den Papst davon überzeugen. Wir müssen als Kirche den Menschen beweisen, dass es sich lohnt, bei uns zu bleiben. Daher braucht es diesen Wandel und den Zugang zu allen Ämtern jetzt auch für Frauen in der Kirche.

Von Madeleine Spendier