Reihe: Stimmen aus dem Heiligen Land im Advent

Advent als ein zerbrechliches Licht in der Dunkelheit

Veröffentlicht am 17.12.2023 um 00:01 Uhr – Von Alberto Joan Pari – Lesedauer: 
Advent als ein zerbrechliches Licht in der Dunkelheit
Bild: © Privat
#truechristmasfeelings

Jerusalem ‐ Advent zu feiern, ist im Heiligen Land gerade alles andere als einfach. In seinem Gastbeitrag schreibt der Franziskaner Alberto Pari von einem zerbrechlichen Licht, aber auch von einer besonderen Solidarität: Wenn die Dunkelheit am tiefsten ist, macht selbst die kleinste Flamme einen Unterschied.

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In einer Zeit, die von Konflikten und Verzweiflung im Heiligen Land geprägt ist, mag das Feiern der Adventszeit eine entmutigende Aufgabe sein, aber es ist auch eine Gelegenheit, Hoffnung, Licht und Mitgefühl zu finden und zu verbreiten. Während die Welt von Gewalt durchdrungen ist und Angst das Leben vieler Menschen bestimmt, ist es wichtig, den Advent als eine Zeit zu betrachten, die noch Hoffnung bringen und den Weg erleuchten kann.

In der Adventszeit hat die Symbolik des Lichts eine besondere Bedeutung. Das Anzünden der Kerzen steht für das allmähliche Verschwinden der Dunkelheit. Selbst in den dunkelsten Momenten kann eine kleine Flamme die Nacht durchdringen. Jedes Jahr fahren wir am ersten Adventssonntag nach Bethlehem. Während der ersten Vesper des Sonntags, wenn wir in einer Prozession in die Geburtsgrotte hinabsteigen, entzündet der Kustos des Heiligen Landes an der Öllampe, die immer am Ort der Geburt Christi brennt, die erste Kerze des Adventskranzes. In diesem Jahr war dieses Anzünden besonders bedeutungsvoll, es war wirklich ein kleines und zerbrechliches Licht in der Dunkelheit, die der Krieg gebracht hat. Wenn die Dunkelheit am tiefsten ist, macht selbst die kleinste Flamme einen Unterschied und bringt, wenn auch mit einer gewissen Zerbrechlichkeit, Licht und Hoffnung.

Die Verantwortlichen der Kirchen im Heiligen Land baten alle Gläubigen, auf das Überflüssige, die vielen Dekorationen und Beleuchtungen, die die Advents- und Weihnachtsfeiern prägen, zu verzichten, und luden sie ein, die Kraft der Einheit und Solidarität zu stärken. In Zeiten des Krieges ist es wichtig, sich als Gemeinschaft zusammenzuschließen, sowohl lokal als auch global. Seit Beginn des Konflikts haben wir bereits viele Geschichten von Menschen mit unterschiedlichem Hintergrund erlebt, die sich gemeinsam für den Frieden einsetzten und die Stärke der Einheit hervorhoben. Es sind Araber und Israelis, die Freiwilligenzentren füllen, um die Notlage zu bewältigen; Es sind Solidaritätszirkel junger Universitätsstudenten, die nicht in die Armee eingezogen wurden und dort helfen, wo sie gebraucht werden; es sind Familien, die sich um die Schwächsten kümmern und um diejenigen, die plötzlich arbeitslos sind.

Stärkstes Werkzeug ist das Gebet

Wir haben in ähnlichen Situationen in der Vergangenheit gelernt, dass das stärkste Werkzeug, das wir haben, um die schwierigsten Situationen zu lösen, das Gebet ist. Wir beten nicht für Wunder, die das Schicksal der Geschichte verändern, vielleicht sogar dafür, aber vor allem, um uns daran zu erinnern, dass wir nicht allein sind, dass wir nicht alles selbst und auf unsere eigene, allzu menschliche Weise lösen müssen, sondern dass es eine göttliche Gerechtigkeit und Barmherzigkeit gibt, die die Welt regiert und das Schicksal des Universums bestimmt. Das gemeinsame Gebet für das Heilige Land und all diejenigen, die von dem Konflikt betroffen sind, ist ebenso anspruchsvoll wie notwendig. Wir sind uns sicher, dass die kollektive Kraft einer positiven Absicht einen tiefgreifenden Einfluss auf die Herzen und das Gewissen vieler Menschen haben kann. In diesem Jahr haben wir den Advent fast zeitgleich mit dem Channuka-Fest, dem jüdischen Fest der Wunder schlechthin, begonnen, das uns ein Zeichen und eine Aufforderung sein soll, auch im Unfassbaren nicht zu hoffen aufzuhören.

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Im Advent wollen wir diesem Jahr, vor allem im Heiligen Land, versuchen, nicht nur zu warten, sondern zu handeln und Gesten der Freundlichkeit und des Mitgefühls zu vermehren. Selbst im Angesicht der Gewalt können kleine Gesten der Liebe und Großzügigkeit einen großen Unterschied machen. Es wäre schön, wenn alle Christen diese Haltung einnehmen und sich an karitativen Aktivitäten beteiligen oder Organisationen unterstützen würden, die sich für Frieden und humanitäre Hilfe einsetzen.

Eines der schwierigsten Dinge, die wir in dieser Zeit erleben, ist die Unfähigkeit der beiden in den Konflikt verwickelten Völker, den Schmerz des jeweils anderen zu sehen. Als Christen befinden wir uns in der Mitte und versuchen mit Mühe, Verständnis und Empathie zu fördern. Besonders in Europa und abseits des Nahen Ostens ist es für alle wichtig, sich für das Verständnis der verschiedenen Perspektiven und Erzählungen einzusetzen und sie zusammenzufassen, ohne notwendigerweise Partei zu ergreifen. Sich auf Gespräche einzulassen, die das Verständnis fördern, anstatt die Spaltung aufrechtzuerhalten, ist eine große Herausforderung, die es wert ist, angenommen zu werden, ebenso wie es wichtig ist, dem Schmerz derjenigen, die auf beiden Seiten leiden, gleich nahe und nicht gleich fern zu sein.

Advent als Versprechen für eine bessere Zukunft

Die zentrale Botschaft des Advents ist die Vorwegnahme und Erwartung von Hoffnung und Erneuerung, es ist der Ausblick auf eine Geburt in der Zukunft. Trotz der aktuellen Herausforderungen symbolisiert der Advent das Versprechen einer besseren Zukunft. Halten wir uns an dieser Hoffnung fest und setzen wir uns aktiv für eine friedlichere Welt ein.

In Zeiten der Dunkelheit sind es die kollektiven Anstrengungen des Einzelnen, die einen positiven Wandel bewirken können. Indem wir Botschaften der Hoffnung verbreiten, zu freundlichen Taten ermutigen und die Einheit fördern, können wir selbst unter den schwierigsten Umständen zum Geist des Advents beitragen. Die Hoffnung ist, dass diese vier Wochen das Herz wirklich auf die Ankunft Gottes vorbereiten können, der vor mehr als zweitausend Jahren in einer Höhle in Bethlehem geboren wurde, eingehüllt in die Dunkelheit der Ungewissheit und Zerbrechlichkeit, um der Welt ein Licht der Gerechtigkeit und des Lebens zu bringen.

Von Alberto Joan Pari

Der Autor

Der gebürtige Italiener Alberto Joan Pari (45) lebt seit 17 Jahren im Heiligen Land und ist Franziskaner der Kustodie des Heiligen Landes. Dort kümmert er sich um den Interreligiösen Dialog, die Kommunikation der Kustodie und ist Direktor der Musikschule dort. (Übersetzung: Matthias Altmann)

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