Pater Philipp König über das Sonntagsevangelium

Das oft unscheinbare Gottesgeschenk unseres Lebens

Veröffentlicht am 06.01.2024 um 12:15 Uhr – Lesedauer: 
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Vechta ‐ Pater Philipp folgt dem Evangelisten Markus an den Jordan und wird Zeuge eines ganz persönlichen Erlebnisses im Leben Jesu. Aber ist uns nicht allen solch ein Moment geschenkt worden? Das darf gefeiert werden, ist Pater Philipp überzeugt.

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Taufe: ein kleines Zeichen mit großer Wirkung

Welcher Tag ist der wichtigste im Leben? Auf diese Frage würden viele mit ihrem Geburtstag antworten oder auch mit dem Hochzeitstag (bei Priestern oder Ordensleuten könnte man den Weihe- oder Professtag nehmen). Für mich ist der wichtigste Tag in meinem Leben jedoch ein anderer, nämlich der Tag meiner Taufe.

Epiphanie: Hineinleuchten des göttlichen Lichtes

Am heutigen Sonntag steht die Taufe Jesu durch Johannes im Mittelpunkt. Auch Jesus hat sich taufen lassen und ist mit uns Getauften auf diese Weise verbunden. Es fügt sich gut, dass das Fest der Taufe des Herrn am Abschluss der diesjährigen (zugegebenermaßen äußerst kurzen) Weihnachtszeit so nahe beim Hochfest der Erscheinung des Herrn am 6. Januar liegt. Damit wird deutlich, wie eng diese beiden Festgeheimnisse zusammengehören, die nach alter Tradition gemeinsam mit dem Weinwunder bei der Hochzeit zu Kana die drei Epiphaniewunder bilden.

Die drei Epiphaniewunder, die bis heute besonders in der Ostkirche in einen Zusammenhang stehen (in unserer Liturgie sind immerhin Spuren davon im Stundengebet zu erkennen) sind also:

- Die Anbetung durch die Weisen aus dem Osten (Mt 2), in der die gewohnte Weltordnung auf den Kopf gestellt wird: Weise und gelehrte Männer nehmen einen weiten Weg auf sich, um in einem Stall das Kind armer Leute anzubeten und es mit kostbaren Gaben zu beschenken.

- Die Taufe Jesu, in der sich Jesus in die Reihe derer einreiht, die sich von Johannes im Jordan taufen lassen wollen – er hätte es nicht nötig gehabt, tut es aber, weil er Mensch unter Menschen ist!

- Die Hochzeit zu Kana (Joh 2), in der Jesus zu Beginn seines öffentlichen Wirkens eine Hochzeitsfeier rettet, indem er Wasser zu Wein verwandelt – ein Vorgeschmack des endzeitlichen Festmahls, das Gott für uns veranstaltet.

In der Epiphanie (oder Theophanie) gibt Gott sich selbst zu erkennen, sichtbar und erfahrbar, nicht nur geistig durch seine Lehre, sondern augen- und sinnenfällig in seiner Herrlichkeit und Schönheit. In der Epiphanie leuchtet Gottes Licht in unsere Wirklichkeit hinein. Darum geht es immer wieder in der gesamten Weihnachtszeit. (Joseph Ratzinger/Benedikt XVI.)

Der offene Himmel: Ein intimer Moment

Alle diese Zeichen sind jedoch, wie bei Jesus üblich, unscheinbar und schnell zu übersehen. So geschieht auch die Taufe Jesus  zumindest im Bericht des Markus (!)  ohne publikumswirksame Effekte: Jesus hebt sich nicht heraus, sondern reiht sich inkognito unter die anderen ein. Den offenen Himmel sieht von den Anwesenden niemand  außer Jesus! Die Stimme aus dem Himmel hört niemand  außer Jesus! Er allein vernimmt die Worte des Vaters: "Du bist mein geliebter Sohn, an dir habe ich Wohlgefallen gefunden." Womöglich werden wir Zeugen eines ganz entscheidenden Moments für Jesus, in dem er sich seiner Sendung durch den Vater in besonderer Weise bewusst wird. Es ist ein persönlicher, geradezu intimer Moment, der aber gerade darin seine ganze Kraft entfaltet.

Dass sich der Himmel öffnet, haben wir in der Weihnachtszeit bereits mehrere Male gehört, so bei den Engeln in Betlehem (Lk 2) oder bei der Steinigung des Stefanus (Apg 7). Auch bei der Taufe Jesu, als er aus dem Wasser heraufsteigt, öffnet sich der Himmel  doch nur Jesus kann es wahrnehmen. Es ist, als befände sich der Himmel in ihm selbst. Im Lied "Morgenstern der finstern Nacht" des schlesischen Dichters und Mystikers Angelus Silesius heißt es: "Schau, dein Himmel ist in mir, er begehrt dich, seine Zier: Säume nicht, o mein Licht, komm, komm, eh der Tag anbricht." (GL 372,2)

Die Taufe im Jordan: Ausblick auf Kreuz und Auferstehung

Nackt steigt Jesus in das strömende Wasser hinab. Bereitwillig taucht er unter in den dunklen Strom. "So handelt jemand, der sich überlässt." (Anne Kurz) Jesu Taufe im Jordan ist bereits ein Hinweis auf sein freiwilliges Sterben, nackt am Kreuz und reglos im Dunkel des Grabes. Nicht umsonst stellen die Taufikonen der Ostkirche den Fluss Jordan bildlich als Todesdämon dar, der mit seinem gewaltigen Schlund alles verschlingt. So bildet das Hinuntertauchen Jesu in den Jordan zu Beginn seines öffentlichen Wirkens bereits sein Sterben voraus, sein "Hinabsteigen in das Reich des Todes". Dementsprechend ist sein Aufsteigen aus dem Jordan ist die Ausblick auf seine Auferstehung, an der auch wir Anteil erhalten. So erstrahlt die Taufszene am Jordan bereits in einem österlichen Licht.

Den Tauftag begehen

Wann ist Ihr Tauftag? Vielleicht bietet das heutige Fest die Einladung, einmal  falls nicht schon bekannt nach dem Tag der eigenen Taufe zu forschen, diesen in den Kalender einzutragen und zu begehen, vielleicht mit einem kleinen Taufgedenken, einem Gottesdienstbesuch sowie einem guten Glas Wein: In der Freude darüber, Gottes geliebtes Kind zu sein und durch die Taufe an der Erlösung teilzuhaben, die uns durch Geburt, Leben und Sterben des Gottessohnes geschenkt ist. Denn die Stimme vom Himmel gilt seit unserer Taufe auch uns: "Du bist mein geliebter Sohn, meine geliebte Tochter. An dir habe ich Wohlgefallen gefunden."

Aus dem Evangelium nach Markus (Mk 1,7–11)

In jener Zeit trat Johannes in der Wüste auf und verkündete:

Nach mir kommt einer, der ist stärker als ich; ich bin es nicht wert, mich zu bücken und ihm die Riemen der Sandalen zu lösen. Ich habe euch mit Wasser getauft, er aber wird euch mit dem Heiligen Geist taufen.

In jenen Tagen kam Jesus aus Nazaret in Galiläa und ließ sich von Johannes im Jordan taufen. Und sogleich, als er aus dem Wasser stieg, sah er, dass der Himmel aufriss und der Geist wie eine Taube auf ihn herabkam.

Und eine Stimme aus dem Himmel sprach: Du bist mein geliebter Sohn, an dir habe ich Wohlgefallen gefunden.

Der Autor

Pater Philipp König gehört dem Dominikanerorden an und unterrichtet am ordenseigenen Gymnasium in Vechta die Fächer Französisch, Religion und Geschichte.

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