Bischof Overbeck: Müssen uns mit Zusammenlegung von Bistümern befassen
Mit Blick auf die Zukunft der katholischen Kirche in Deutschland schließt der Essener Bischof Franz-Josef Overbeck die Zusammenlegung von Bistümern nicht aus. "Ich bin überzeugt, dass wir uns in der Zukunft damit befassen werden müssen", sagte er der "Frankfurter Allgemeinen Zeitung" (Freitag).
"Letztlich geht es nicht darum, einzelne Bistümer um ihrer selbst willen zu erhalten", so Overbeck. "Es muss vielmehr dafür Sorge getragen werden, dass die katholische Kirche präsent bleibt und christliches Leben in der Breite unseres Landes gelingen kann." Derzeit gliedert sich die katholische Kirche in Deutschland in 27 Bistümer.
Zurzeit sei das Thema wenig behandelbar, und er denke nicht, dass es so schnell kommen werde, sagte Overbeck. "Aber wenn es kommt, dann müssen wir endlich auch damit aufräumen, dass die katholischen Bistümer in Deutschland mit wenigen Ausnahmen noch immer räumlich nach einer nach-napoleonischen staatlichen Ordnung strukturiert sind."
"Wir sind Kirche in der Stadt"
Laut dem Ruhrbischof ist die Kirche im Bistum Essen keine Volkskirche mehr. "Wir sind Kirche in der Stadt." Teil einer Kirche zu sein, sei längst nicht mehr selbstverständlich. Das Rezept seines Vorgängers, Kardinal Franz Hengsbach (1910-1991), im Ruhrgebiet rund alle 1.000 Meter eine Kirche, ein Pfarrhaus, einen Kindergarten oder ein Pfarrheim zu errichten, sei immer falsch gewesen.
Overbeck räumte ein, dass die Reformbestrebungen vieler deutscher Katholiken weltweit nicht immer auf Verständnis stießen. Auch sei es nicht selbstverständlich in der Weltkirche, sich mit dem Thema Missbrauch auseinanderzusetzen. "Und schließlich haben viele – in Deutschland und auch im Vatikan – immer noch nicht verstanden, was es heißt, in einer postsäkularen Gesellschaft katholisch zu sein. Nicht wenige versuchen, eine Vergangenheit wiederherzustellen, die so nie bestanden hat oder sich nicht wiederherstellen lässt."

Kurz nach der Veröffentlichung der Missbrauchsvorwürfe gegen Kardinal Franz Hengsbach ließ das Bistum die Statue vor dem Essener Dom abbauen.
Im Interview äußerte Overbeck sich auch erneut zu den Missbrauchsvorwürfen gegen seinen gestorbenen Vorgänger, Kardinal Hengsbach. Das inzwischen abgebaute Denkmal für Hengsbach vor dem Essener Dom habe er schon immer für unangemessen gehalten, sagte der Bischof. "Als ich Ende 2009 Bischof wurde, hatte das Domkapitel es aber schon beschlossen und in Auftrag gegeben."
Seine Ablehnung habe er damals nicht öffentlich geäußert, so Overbeck. "Aber ich hatte gegenüber dem damaligen Dompropst sehr deutlich mein Missfallen über das Denkmal zum Ausdruck gebracht." Dies sei auch in einem Protokoll vermerkt worden.
Bischof räumt Fehler im Umgang mit Fall Hengsbach ein
Im September hatten die Bistümer Essen und Paderborn zwei Missbrauchsvorwürfe gegen Hengsbach bekanntgemacht. Diese beziehen sich auf die 1950er und 1960er Jahre, waren aber erst später gemeldet und zunächst für unplausibel erklärt worden. Kurz darauf ließ das Domkapitel die Hengsbach-Statue entfernen.
Overbeck erklärte, die Kirche habe einen bewährten Grundsatz, Selig- und Heiligsprechungen frühstens 60 bis 80 Jahre nach dem Tod der besagten Person vorzunehmen. "So ist man in der Regel davor gefeit, seine Einschätzung revidieren zu müssen."
Overbeck räumte im Umgang mit dem Fall Hengsbach erneut Fehler ein. Auf die Frage, ob mittlerweile weitere Anschuldigungen gegen den früheren Kardinal vorlägen, antwortete Overbeck: "Es gibt einige sehr unterschiedliche Hinweise und Vorwürfe, die jetzt sehr intensiv geprüft werden müssen. Deswegen kann ich dazu noch nichts sagen." (cbr/KNA)