Vorstoß von Theologen: Kircheneinheit durch "evangelischen Ritus"?
Niederländische katholische und evangelische Theologen sehen eine "Einheit in Vielfalt" der evangelischen und katholischen Kirche als möglich an. Am Mittwoch stellten die in der ökumenischen Dialoginitiative "Platform Rome Reformatie" zusammengeschlossenen Geistlichen und Wissenschaftler eine entsprechende Erklärung vor, in der sie auf eine Kirche des "versöhnten Gegensatzes" hoffen. Auf katholischer Seite ist der prominenteste der 21 Autorinnen und Autoren der Erklärung der Bischof von ’s-Hertogenbosch, Gerard de Korte. Im Lichte des einen Herrn, der einen Taufe und des einen Glaubens bleibe die Trennung ein grundlegender Widerspruch zum Bekenntnis der Kirche: "Die Spaltung zwischen Rom und der Reformation sollte nach mehr als 500 Jahren nicht als selbstverständlich angesehen werden", heißt es in der Erklärung.
Als eine mögliche Lösung spricht der Text einen "evangelischen Ritus in der einen Kirche" an. Hier sei aber zu prüfen, ob das tatsächlich ein gangbarer Weg sei. Wichtig auf dem Weg der Einheit sei eine Anerkennung des Papstes als "Hirte der Hirten" und des Sakraments der Eucharistie auf evangelischer Seite sowie auf katholischer Seite die Anerkennung der Ämter und des Abendmahls in den protestantischen Kirchen.
Zentrale kirchentrennende Frage gelöst
Die Zerrissenheit der Kirche ist nach Ansicht der Unterzeichner mit verantwortlich dafür, dass der Westen und die Niederlande in einer nachchristlichen Zeit leben: "Die Kirche ist an den Rand gedrängt und ihr Ansehen bröckelt." Diese Zeit könne aber auch eine Zeit der Reinigung sein, in der eine gespaltene Kirche ihre Einheit in Christus finden könne. Die Spaltung zwischen Rom und der Reformation könne dabei nicht einfach als Missverständnis abgetan werden. Sie beruhe auf Differenzen, die sich auf wesentliche Elemente des Glaubens beziehen, insbesondere mit Blick auf die Ämterfrage. Bereits 1999 sei zwischen Katholiken, Lutheranern und später Reformierten durch die Gemeinsame Erklärung zur Rechtfertigungslehre ein Konsens in dieser einst maßgeblich für die Spaltung der westlichen Kirche verantwortlichen Frage gefunden worden. Katholische und evangelische Christen teilten den Glauben an den dreieinen Gott und an Jesus Christus. "Wir teilen die Gnade der Taufe, wir glauben an die Realpräsenz Christi in der Eucharistie/im Abendmahl, wir glauben an die Bedeutung des Amtes als Repräsentation Christi und als Zeichen der Gemeinschaft mit dem Glauben der einen Kirche." Daher stelle sich nun die Frage: "Ist das, was uns heute noch trennt, wirklich kirchentrennend?"
Bereits jetzt gibt es innerhalb der katholischen Kirche verschiedene Riten aus verschiedenen Traditionen. Neben den katholischen Ostkirchen, die als Kirchen eigenen Rechts in Gemeinschaft mit dem Papst stehen und dabei ihre ostkirchliche Liturgie, Organisation und Traditionen beibehalten, gibt es seit 2011 ähnliche Strukturen für Gläubige anglikanischer Tradition. 2009 ermöglichte Papst Benedikt XVI. in der Apostolischen Konstitution "Anglicanorum coetibus" eigene katholische Kirchenstrukturen für übergetretene Anglikaner. Sie erlaubten eine Beibehaltung anglikanischer Traditionen bei gleichzeitiger Gemeinschaft mit dem Papst. Bei dieser Form der Kirchengemeinschaft bekennen alle Beteiligten den vollen Glauben der katholischen Kirche, also auch die Papst- und Mariendogmen der Neuzeit, die die katholische von den orthodoxen, anglikanischen und protestantischen Kirchen und Gemeinschaften trennen, sowie das "filioque", den Zusatz im Glaubensbekenntnis, der orthodoxe Kirchen von evangelischen und der katholischen Kirche trennt. (fxn)