Betroffenensprecher Norpoth: EKD hat von Katholiken nichts gelernt
Nach Ansicht des Sprechers des Betroffenenbeirates bei der Deutschen Bischofskonferenz, Johannes Norpoth, hat die evangelische Kirche von der katholischen Kirche nichts gelernt. In Sachen Missbrauch verführen ihre Vertreter ebenfalls nach der Salamitaktik: "Ich gebe das zu, was mir bereits nachgewiesen wird", erklärte Norpoth im Interview mit dem katholischen Internetportal "domradio.de" (Freitag).
Nach der Debatte um die MHG-Studie zu Missbrauch in der katholischen Kirche 2018 und 2019 sowie "dem großen Knall 2010 mit dem Canisius-Kolleg", sei das Verhalten der evangelischen Kirche bis heute umso weniger nachvollziehbar, so Norpoth weiter. Auch die Kritik der Forscher an der Zusammenarbeit mit den Landeskirchen überrasche ihn nicht.
Klerikale Machtstrukturen in beiden Kirchen
Angesprochen auf die katholischen Themen Zölibat und Sexualmoral sagte Norpoth: Wer das Problem sexualisierter Gewalt in der katholischen Kirche auf den Zölibat reduziere, habe das gesamte Thema noch nicht verstanden. Katholischerseits sei der Zölibat zwar ein Baustein. Viel entscheidender seien aber klerikale Machtstrukturen. Die gebe es in der katholischen wie in der evangelischen Kirche. "Das ist der Beweis, der jetzt deutlich angetreten wird", so der Sprecher des Gremiums, das in der katholischen Kirche Anliegen von Opfern sexuellen Missbrauchs vertritt.
Beide Kirchen, so Norpoth, stünden bei der weiteren Aufarbeitung noch lange steinige Wege bevor. Mit dem Finger auf die evangelische Kirche zu zeigen "nach dem Motto: Guck mal, die haben dasselbe Problem wie wir, da müssen wir uns jetzt nicht mehr so viel kümmern", sei der falsche Weg. "Die moralische Fallhöhe in der katholischen Kirche ist immer noch maximal", so der Sprecher abschließend. (KNA)