Katholische Journalisten warnen: Vorverurteilungen vernichten Menschen
Angesichts eines prominenten Falls warnen katholische Publizisten vor Vorverurteilungen und einem "Kesseltreiben" gegen Menschen. "Medienschaffende müssen sich selbstkritisch hinterfragen, ob sie sich ein pointiertes Urteil, das schnell und mit spitzer Feder geschrieben ist, nicht lieber verkneifen sollten", sagte die Vize-Vorsitzende des österreichischen Verbands katholischer Publizistinnen und Publizisten, Eva Maria Kaiser, am Freitag der Presseagentur Kathpress.
Hintergrund ist der Fall der Journalistin Alexandra Föderl-Schmid, die nach Plagiatsvorwürfen ihr Amt als stellvertretende Chefredakteurin der "Süddeutschen Zeitung" zu Wochenbeginn ruhen ließ und seit Donnerstag vermisst war. Am späten Freitagnachmittag zeigte sich die "Süddeutsche Zeitung" in einer Mitteilung erleichtert, dass die Polizei Föderl-Schmid im österreichischen Braunau aufgefunden habe. Sie sei mit Unterkühlungen in ein Krankenhaus gebracht worden. Weiter heißt es: "Aus Rücksicht auf unsere Kollegin und ihre Familie wird sich die Redaktion vorerst nicht zu dem Fall äußern."
Kaiser sagte, der Fall zeige, wie schnell eine mediale Vorverurteilung funktioniere und Menschen in die Verzweiflung treiben könne. Die Leiterin der ORF-Abteilung Religion und Ethik forderte zudem, die Prinzipien der gründlichen Recherche sowie des "Check, Re-Check, Double-Checks" wieder stärker ins Auge zu fassen.
Rückzug aus dem Tagesgeschäft der SZ
Anfang der Woche hatte sich die aus Österreich stammende Journalistin Föderl-Schmidt (53) aus dem Tagesgeschäft zurückgezogen, nachdem mehrere Medien über Kritik an ihrer Arbeit berichtet hatten. Ein Gremium unter Vorsitz von Ex-"Spiegel"-Chef Steffen Klusmann sollte laut SZ prüfen, ob sie "beim Verfassen von Texten unsauber mit Quellen umgegangen ist und dadurch journalistische Standards verletzt hat".
Außerdem hatte das Medium bekanntgegeben, dass Föderl-Schmid ihre 1996 eingereichte Doktorarbeit prüfen lasse. Anlass dafür waren Plagiatsvorwürfe. Der Kommunikationswissenschaftler Stefan Weber war durch ein Portal um den ehemaligen "Bild"-Chefredakteur Julian Reichelt mit einer Prüfung der Dissertation beauftragt worden. In den Sozialen Netzwerken wurde die Debatte ebenfalls geführt, zum Teil mit Unterstellungen, Häme und persönlichen Angriffen. (KNA)