Die Wüste – ein Ort der intensiven Gotteserfahrung
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Wenn ich das Wort "Wüste" höre, entsteht sofort ein Bild vor meinem inneren Auge: endlose Weite, Sand, soweit das Auge reicht, schroffe Felsen und ein paar Pflanzen, die sich trotzig in den Himmel recken. Auf den ersten Blick scheint die Wüste ein eher lebensfeindlicher Ort zu sein – kein Wasser, kein Schatten, sengende Hitze.
Doch dieser erste Eindruck wird der Wüste nicht gerecht. Denn dem, der sich auf sie einlässt, hat sie einiges zu bieten. In der Wüste kann ich Abstand von Dingen gewinnen, die mich besetzt halten, sie schenkt mir Raum zur Selbstkonfrontation. Wüste bedeutet Reduktion auf das Notwendigste, Verzicht auf Überflüssiges. Ich habe hier keinerlei Möglichkeit, mich mit oberflächlichen Dingen oder Tätigkeiten abzulenken, sondern bin mir selbst ausgeliefert. Diese Stille in der Wüste kann herausfordernd sein, aber sie ist letztendlich heilsam.
Denn die Stille öffnet das Herz für Gott, dessen Stimme im Alltagslärm so oft untergeht. Es sind meine Sorgen, meine Verletzungen, meine enge Sicht, meine Voreingenommenheit, die meine Seele verkrusten lassen und sie so für Gott schwer zugänglich machen. In der Stille brechen diese Verkrustungen nach und nach auf, weil ich ganz in der Gegenwart bin und Gott vertrauensvoll an mir wirken lassen kann. Es sind gerade diese stillen, reizarmen Zeiten, in denen ich die Nähe Gottes am intensivsten spüren kann.
Nicht umsonst gönnen wir uns im Kloster regelmäßig Exerzitien, man könnte sie auch Wüstentage nennen, in denen wir uns in die Stille zurückziehen, um die Beziehung zu Gott wieder neu zu beleben. So kann ich aus vollerem Herzen und mit größerer Überzeugung immer wieder neu mein JA zu Gottes Anruf sprechen.
Im Evangelium des ersten Fastensonntags stellt Markus die Wüstenzeit Jesu vor den Beginn seines öffentlichen Wirkens. Auf die Taufe, bei der Jesus den Geist empfangen hat und als Gottes geliebter Sohn öffentlich präsentiert wurde, folgt in der Wüste eine Zeit des Wachsens und Reifens dieser Berufung. Es scheint, als würde Jesus in die Stille gehen, um das, was er am Jordan erfahren hat, zu verarbeiten und seine Gottesbeziehung zu vertiefen. So gesehen ist die Wüste auf den zweiten Blick ein Ort der intensiven Gotteserfahrung.
Evangelium nach Markus (Mk 1,12–15)
In jener Zeit trieb der Geist Jesus in die Wüste.
Jesus blieb vierzig Tage in der Wüste
und wurde vom Satan in Versuchung geführt.
Er lebte bei den wilden Tieren
und die Engel dienten ihm.
Nachdem Johannes ausgeliefert worden war,
ging Jesus nach Galiläa;
er verkündete das Evangelium Gottes
und sprach: Die Zeit ist erfüllt,
das Reich Gottes ist nahe.
Kehrt um und glaubt an das Evangelium!
Die Autorin
Schwester Regina Greefrath CSA gehört dem Orden der Augustiner-Chorfrauen an. Sie unterrichtet am klostereigenen Gymnasium die Fächer katholische Religion und Spanisch und engagiert sich in der AG Berufungspastoral der Orden (AGBO).Ausgelegt!
Als Vorbereitung auf die Sonntagsmesse oder als anschließender Impuls: Unser Format "Ausgelegt!" versorgt Sie mit dem jeweiligen Evangelium und Denkanstößen von ausgewählten Theologen.