Jahresbilanz sehe düster aus

Bischof Bätzing für ehrliche Auseinandersetzung mit der Realität

Veröffentlicht am 18.02.2024 um 09:48 Uhr – Lesedauer: 

Limburg ‐ Keine Augenwischerei, sondern sich der ungeschönten Wahrheit stellen, dazu ruft Bischof Bätzing auf. Und plädiert für eine offene Kirche, die sich für Reformen und Gerechtigkeit einsetzt – auch mit Blick auf die Haltung der Kirchenmitglieder.

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Der Limburger Bischof Georg Bätzing fordert in seinem Hirtenwort zur Fastenzeit eine ehrliche Auseinandersetzung mit der Realität in Kirche und Gesellschaft – ohne "Augenwischerei". Angesichts von Krisen wie Flucht, Klimawandel und Mitgliederschwund in den Kirchen ruft der Vorsitzende der Bischofskonferenz zu einem mutigen Glauben auf, der für Reformen, Gerechtigkeit und eine offene Kirche einsteht.

"Die Jahresbilanz mit Blick auf die Zusammenhänge in dieser Welt sehen düster aus", schreibt der Bischof. Flucht und Vertreibung, Klimakrise, Terror und Krieg und der Tod unzähliger unschuldiger Menschen schockierten viele und dürften nicht einfach hingenommen werden.

Auch der Blick auf Entwicklungen in der Kirche stimme nicht hoffnungsvoll. Die Kirchenmitgliedschaftsuntersuchung (KMU) habe beiden großen Kirchen in Deutschland ein Bild des anhaltenden Niedergangs bestätigt. Sie hätten viele Mitglieder und viel Vertrauen verloren. "Die gesellschaftliche Bedeutung schwindet. Wenige glauben, dass es einen Gott gibt, der sich in Jesus Christus zu erkennen gegeben hat", so Bätzing weiter.

Religiöse Überzeugungen keine Bedeutung mehr

Für die persönliche Lebensführung der meisten Menschen hätten religiöse Überzeugungen so gut wie keine Bedeutung mehr. Deutschland werde immer säkularer, die Mehrheit der Bevölkerung sei kaum noch religiös ansprechbar. "So massive Abbrüche machen traurig, und wir sollten uns eingestehen: Es gelingt uns schon lange nicht mehr, den Glauben und die Verbundenheit zur Kirche von Generation zu Generation weiterzugeben", ergänzt Bätzing.

Angesichts dieser Entwicklung stelle sich für viele die Frage, wer schuld an diesen Entwicklungen sei. Diese Frage helfe jedoch nicht weiter. Sie verhindere eher die Suche nach Auswegen und neuen Perspektiven. Sie sei vor allem auch eine Art von Unglauben, denn sie traue Gott nicht zu, den Menschen heute Signale zu geben, die in die Zukunft zeigten.

Bätzing lädt daher ein, einen zweiten und vertieften Blick auf die Wirklichkeit und die Herausforderungen der Zeit zu wagen. Er plädiert dafür, mit bisherigen Mustern zu brechen und Denkgewohnheiten zu verändern. Die Kirche müsse ernstmachen mit ihrem Streben nach Reformen, mit ihrem Einsatz gegen Armut und für Gerechtigkeit, mit ihrem Mühen um mehr Schöpfungsgerechtigkeit und für eine Willkommenskultur für Flüchtlinge. Bätzing warnt in seinem Hirtenwort davor, sich nur auf binnenkirchliche Vollzüge zu konzentrieren, weil die Relevanz von Kirche in der Gesellschaft schwinde: "Der Rückzug war noch nie wirklich zukunftsträchtig." (KNA)