Kardinal Marx: Kirche darf nicht an der Seite von AfD und Putin stehen
Der Münchner Kardinal Reinhard Marx hat die Kirche zur Verteidigung der Freiheit aufgerufen. "Mag sein, dass die Freiheit bedroht ist, aber dann haben wir als Kirche an der Seite der Freiheit zu stehen", sagte Marx am Dienstag in Augsburg. "Nicht auf der Seite von autoritären Regimen, nicht von denen, die von der Vergangenheit träumen, AfD-Träume träumen oder Putin-Träume träumen oder Kyrill-Träume träumen", so der Erzbischof von München und Freising mit Blick unter anderem auf den orthodoxen Moskauer Patriarchen, der den russischen Angriffskrieg gegen die Ukraine unterstützt. Marx äußerte sich in einem Gottesdienst im Rahmen der Frühjahrsvollversammlung der Deutschen Bischofskonferenz (DBK), die bis Donnerstag läuft.
Der Kardinal ergänzte, Demokratie und Religion bräuchten sich gegenseitig. "Etwa der Grundgedanke, dass alle Menschen gleich an Würde sind: Das ist ja keine empirische Botschaft, das kann ich ja nicht beweisen. Ob der Demente und der Professor, die nebeneinander sitzen, gleich an Würde sind. Das muss ich glauben, das ist ein Glaubenssatz. Deswegen: Die Demokratie braucht Religion." Andersherum brauche auch die Religion Demokratie, so Marx. "Nicht wie die staatlichen Organisationen. Aber Mitbestimmung, Mitgestaltung, Verantwortung, Einbeziehung aller, aller Charismen, aller Möglichkeiten – ohne das wird die Zukunft uns nicht geschenkt." Die Kirche solle in der Kultur anschlussfähig bleiben, ohne angepasst zu sein, sie solle die Freiheitskultur nicht als eine negative Kultur sehen, sondern als eine, die im Grunde vom Evangelium her ermöglicht werde. "Wie viel könnten wir dann einbringen?"
Kirchenspaltungen "von uns gemacht"
Für Gläubige gelte die Ermutigung, selber zu glauben und mitzugestalten, ergänzte Marx. Alle sollten sich ihres spirituellen und religiösen Verstandes und Herzens bedienen und sich einbringen ins große Ganze. Der Kardinal äußerte sich auch zum Thema Ökumene. Die Kirchenspaltungen in Ost und West und durch die Reformation seien nicht von Gott gewollt, sondern "von uns gemacht", so Marx. Er betonte: "Uns fehlen die Brüder und Schwestern aus den anderen Kirchen. Wir sind nicht vollständig, solange wir nicht wieder zusammen sind."
Die Frühjahrsvollversammlung der deutschen Bischöfe geht am Dienstag weiter. Am Mittag wollen sie über Vorbereitungen zur internationalen Ministrantenwallfahrt im Sommer nach Rom informieren. Aus Deutschland werden dazu 35.000 Teilnehmerinnen und Teilnehmer erwartet. Außerdem gibt es nach einem Schreiben aus dem Vatikan anhaltenden Gesprächsbedarf zum Reformprozess in Deutschland. Zusammen mit dem Zentralkomitee der deutschen Katholiken (ZdK) hatte die Bischofskonferenz im Herbst einen sogenannten Synodalen Ausschuss auf den Weg gebracht. Der Vatikan lehnt ein solches gemeinsames Entscheidungsgremium ab. Eine Abstimmung über seine Satzung wurde nach einem Brief von drei hohen Kardinälen aus Rom kurzfristig abgesagt. Der DBK-Vorsitzende, Bischof Georg Bätzing, hatte am Montag zum Auftakt des Bischofstreffens gesagt, über diesen Einspruch könne man nicht hinweggehen. Die Sorgen des Vatikans ließen sich aber inhaltlich entkräften. Die Reformen müssten weitergehen. (tmg/KNA)