Standpunkt

Hört auf zu jammern!

Veröffentlicht am 01.03.2024 um 00:01 Uhr – Von Theresia Kamp – Lesedauer: 

Bonn ‐ In der Kirche haben es sich viele im Jammer-Modus bequem gemacht, kommentiert Theresia Kamp. Das sei ein Problem. Sie rät zu einem radikalen Umdenken und fragt: Wie sieht es mit meiner Gottesbeziehung aus?

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Neulich habe ich von unerwarteter Stelle einen richtig guten Impuls für die Fastenzeit bekommen. Der Moderator eines privaten Radiosenders lud dazu ein, doch einfach einmal damit aufzuhören, über alles zu meckern. Spontan musste ich an Pastoral und Kirche denken: "Puh, die Erstkommunionvorbereitung ist so aufwendig, und am Ende bleibt eh keine Familie übrig, die in unsere Gottesdienste kommt", "Schon wieder eine Extrawurst-Anfrage wegen einer Hochzeit", "Die letzte Ansprache unseres Bischofs war wirklich zum Fremdschämen". Jammern gehört in kirchlichen Kreisen beinahe zum guten Ton. Ich nehme mich selbst nicht aus.

Das Problem daran: Im Jammer-Modus kann man es sich hervorragend gemütlich machen. Man bestätigt sich gegenseitig darin, was alles nicht optimal läuft. Etwas neu oder anders machen? Bringt doch sowieso alles nichts.

Stellen Sie sich vor, Sie gehen das erste Mal in ein Fitnessstudio. Der Trainer erzählt Ihnen, wer zuletzt seinen Vertrag gekündigt hat und wer zwar noch einen hat, aber nie kommt. Außerdem berichtet er vom maroden Gebäude und ärgert sich darüber, dass der Inhaber der Kette den Renovierungsbedarf noch immer nicht anerkennt. Schließlich erläutert er die Gefahren eines Jo-Jo-Effekts, wenn durch das Einbrechen der neuen Ernährungs- und Sportroutine die gerade mühsam aufgebaute Fitness wieder flöten geht. Hand aufs Herz: Würden Sie noch einmal kommen?

"Nur wer selbst brennt, kann Feuer in anderen entfachen", wird gern der heilige Augustinus zitiert. Aber man muss auch etwas tun, um das Feuer am Leben zu halten. Wie sieht es mit meiner Gottesbeziehung aus? Rede ich distanziert-professionell vom "lieben Gott" oder lasse ich mich wirklich auf die Begegnung mit Ihm ein? Was an meinem Job oder Ehrenamt in der Kirche erfüllt mich besonders, nehme ich mir Zeit dafür? Wann habe ich das letzte Mal etwas für mich gemacht? Zum Beispiel ein paar Tage der Stille im Kloster oder die Teilnahme an einem spannenden Kurs, bei dem ich nur empfangen darf, nichts geben muss?

Von Theresia Kamp

Die Autorin

Theresia Kamp hat Theologie und Romanistik studiert. Sie arbeitet als wissenschaftliche Mitarbeiterin an der Professur für Pastoraltheologie an der Katholischen Universität Eichstätt-Ingolstadt und schreibt regelmäßig für verschiedene christliche Medien.

Hinweis

Der Standpunkt spiegelt ausschließlich die Meinung der jeweiligen Autorin bzw. des Autors wider.