Schwester Elisabeth Muche über das Sonntagsevangelium

Ein "Deshalb", das wir alle mit Jesus teilen

Veröffentlicht am 16.03.2024 um 11:30 Uhr – Lesedauer: 
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München ‐ "Aber deshalb bin ich in diese Stunde gekommen", spricht Jesus im heutigen Sonntagsevangelium. Schwester Elisabeth Muche meint, dass Jesus sein "Deshalb" kennt. Es ist die Grundlage seines Handelns und benötigt keine weiteren Erklärungen oder Begründungen.

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"Aber deshalb bin ich in diese Stunde gekommen." (Joh 12, 27b) Diesen Satz spricht Jesus mitten in das Sonntagsevangelium dieses fünften Fastensonntags hinein. Wir können uns Jesus vorstellen, wie er sich mitten in Jerusalem befindet, ein buntes Treiben von Pilgern, Händlern und Zuhörenden um ihn herum. Seine Popularität ist groß, die Menschen suchen ihn. Gleichzeitig wächst die Feindseligkeit gegen ihn. Sein Leben steht in Frage und das spricht er offen aus. In dieser Spannung ringt er um Worte: "Jetzt ist meine Seele erschüttert. Was soll ich sagen: Vater, rette mich aus dieser Stunde? Aber deshalb bin ich in diese Stunde gekommen."

Deshalb. Im Alltag kommen wir ganz gut ohne dieses Wort aus, leben, arbeiten, lieben – einfach so. Vielleicht ahnen wir, was passiert, wenn wir unsere Sätze mit "Deshalb" beginnen. Dass sich dahinter Gründe zeigen: Deshalb kaufe ich auf dem Heimweg noch Bananen – weil ich weiß, dass du das magst. Deshalb sage ich im Meeting meine Meinung – weil mir die Sache wichtig ist. Deshalb arbeite ich bis in die Nacht hinein – um morgen Zeit mit den Kindern zu haben.

Dieses "deshalb" zeigt: Wir entscheiden uns immerzu für etwas: Für einen Menschen, für eine Haltung, für einen Lebensinhalt. Mitten im Alltag steckt Größeres, wenn wir den Supermarkt betreten, zum Reden ansetzen oder erschöpft den Laptop zuklappen. Nur entgeht uns unsere eigene Entschiedenheit, unser roter Faden, den wir spinnen, gelegentlich. So schreibt Pascal Mercier in seinem Roman "Nachtzug nach Lissabon":

"Es ist ein Irrtum, zu glauben, die entscheidenden Momente eines Lebens, in denen sich seine gewohnte Richtung für immer ändert, müssten von lauter und greller Dramatik sein, unterspült von heftigen inneren Aufwallungen. Das ist ein kitschiges Märchen […]. In Wahrheit ist die Dramatik einer lebensbestimmenden Erfahrung oft von unglaublich leiser Art. Sie ist dem Knall, der Stichflamme und dem Vulkanausbruch so wenig verwandt, dass die Erfahrung im Augenblick, wo sie gemacht wird, oft gar nicht bemerkt wird."

Das kann passieren. Wir warten auf den großen Knall. Dabei haben wir die großen, wesentlichen Entscheidungen in der Tiefe unseres Herzens bereits gefällt. Das leise "Deshalb" überhört.

Jesus kennt sein "Deshalb". Er gebraucht es entschieden, unvermittelt und ohne viele weitere Worte. Vielleicht ist es so, dass sich lebensbestimmende Erfahrungen nicht nur besonders leise äußern, sondern auch keiner weiteren Erklärungen und Begründungen, bedürfen. Sich stumm anlehnen dürfen, an die Grunderfahrung eines Gottes, der sich für die Menschen entschieden hat. Ein "Deshalb", das wir alle mit Jesus teilen.

Evangelium nach Markus (Joh 12, 20–33)

In jener Zeit gab es auch einige Griechen unter den Pilgern, die beim Paschafest in Jerusalem Gott anbeten wollten.
Diese traten an Philíppus heran, der aus Betsáida in Galiläa stammte, und baten ihn:
Herr, wir möchten Jesus sehen.
Philíppus ging und sagte es Andreas; Andreas und Philíppus gingen und sagten es Jesus.
Jesus aber antwortete ihnen: Die Stunde ist gekommen, dass der Menschensohn verherrlicht wird. Amen, amen, ich sage euch: Wenn das Weizenkorn nicht in die Erde fällt und stirbt, bleibt es allein; wenn es aber stirbt, bringt es reiche Frucht. Wer sein Leben liebt, verliert es; wer aber sein Leben in dieser Welt gering achtet, wird es bewahren bis ins ewige Leben.
Wenn einer mir dienen will, folge er mir nach; und wo ich bin, dort wird auch mein Diener sein.
Wenn einer mir dient, wird der Vater ihn ehren. Jetzt ist meine Seele erschüttert.
Was soll ich sagen: Vater, rette mich aus dieser Stunde? Aber deshalb bin ich in diese Stunde gekommen. Vater, verherrliche deinen Namen!

Da kam eine Stimme vom Himmel:
Ich habe ihn schon verherrlicht und werde ihn wieder verherrlichen.

Die Menge, die dabeistand und das hörte, sagte: Es hat gedonnert.
Andere sagten: Ein Engel hat zu ihm geredet.
Jesus antwortete und sagte: Nicht mir galt diese Stimme, sondern euch. Jetzt wird Gericht gehalten über diese Welt; jetzt wird der Herrscher dieser Welt hinausgeworfen werden. Und ich, wenn ich über die Erde erhöht bin, werde alle zu mir ziehen. Das sagte er, um anzudeuten, auf welche Weise er sterben werde.

Die Autorin

Schwester Elisabeth Muche gehört zur Kongregation der Helferinnen, ist in der Geistlichen Begleitung tätig und arbeitet als Psychotherapeutin in Ausbildung in München.

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