Neutestamentler Gerhard Lohfink gestorben
Der Theologe Gerhard Lohfink ist tot. Der emeritierte Neutestamentler starb am Dienstag im Alter von 89 Jahren, teilte der Herder-Verlag am Mittwoch mit. Sein Verlag, in dem er die meisten seiner Werke publiziert hat, würdigte ihn als "einen der wichtigen Repräsentanten einer glanzvollen Epoche der katholischen Theologie". Lohfink lebte zuletzt in Ebenhausen im Landkreis München.
Der Theologe war von 1976 bis 1987 Ordinarius für Neues Testament am Fachbereich Katholische Theologie der Universität Tübingen. Er schied auf eigenen Wunsch aus dem Universitätsdienst aus, um in der "Katholischen Integrierten Gemeinde" (KIG) in München leben und arbeiten zu können. In der integrierten Gemeinde sah Lohfink die Verwirklichung des Gemeindeideals von Jesus. Von der Bibel her müsse Kirche als "Kontrastgesellschaft" verstanden werden, schrieb er 1982 in seinem Buch "Wie hat Jesus Gemeinde gewollt".
Kirche als Kontrastgesellschaft
Mit seinem Bruder Norbert verteidigte er den Begriff "Kontrastgesellschaft" gegenüber Kritik in der Herder-Korrespondenz. Dieses Wort sei geeignet, "die neue Dimension der Kirchenerfahrung, die uns völlig unerwartet in der Integrierten Gemeinde begegnet war", zu bezeichnen. Die Münchener Katholische Integrierte Gemeinde wurde 2020 durch Kardinal Reinhard Marx nach Schilderungen von ehemaligen Mitgliedern über geistliche Manipulationen in einem System psychischer und finanzieller Abhängigkeit aufgelöst, mittlerweile sind alle verbliebenen Gliederungen kirchenrechtlich aufgelöst.
Lohfink wurde 1934 in Frankfurt geboren und studierte dort zunächst Germanistik und Latinistik und später an der Jesuitenhochschule Sankt Georgen Philosophie und Theologie. 1960 wurde er zum Priester geweiht und war zunächst in der Pfarrei- und Schulseelsorge tätig. 1971 wurde Lohfink mit einer Arbeit über die Himmelfahrt Jesu promoviert, 1973 habilitierte er sich mit der Arbeit "Die Sammlung Israels. Eine Untersuchung zur lukanischen Ekklesiologie". (fxn)