Gericht sieht keine Diskriminierung, moniert aber Vokabular

Text zu homosexuellen Priestern: Theologe Hauke freigesprochen

Veröffentlicht am 23.04.2024 um 11:24 Uhr – Lesedauer: 

Bellinzona ‐ In einem Artikel in "Theologisches" wurden schwule Priester als "Parasiten" bezeichnet. Für die Veröffentlichung musste sich der Theologe Manfred Hauke als Herausgeber der Zeitschrift vor einem Schweizer Gericht verantworten. Nun fiel das Urteil.

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Der deutsche Theologe Manfred Hauke ist in der Schweiz vom Vorwurf der Diskriminierung und der Aufstachelung zum Hass gegen Homosexuelle freigesprochen worden. Das Strafgericht in Bellinzona hob am Montag einen mit einer bedingten Geldstrafe bewehrten Strafbefehl gegen Hauke aus dem Jahr 2022 auf, wie die "Neue Zürcher Zeitung" berichtete. Zudem erhalte er 20.000 Schweizer Franken Entschädigung, um die Anwaltskosten zu begleichen. Hauke hatte gegen den Strafbefehl Einspruch erhoben, weshalb es zu einem Prozess kam.

In dem Verfahren ging es um einen Artikel in der Zeitschrift "Theologisches", deren Herausgeber der an der Theologischen Fakultät in Lugano lehrende Hauke ist. Der Autor, der polnische Priester und Publizist Dariusz Oko, hatte unter der Überschrift "Über die Notwendigkeit, homosexuelle Cliquen in der Kirche zu begrenzen" homosexuelle Geistliche unter anderem als "eine Kolonie von Parasiten", "Krebsgeschwür" und "homosexuelle Plage" bezeichnet. Der Text war als Fortsetzung in den ersten beiden Ausgaben des Jahres 2021 erschienen. Der Fall war von der Tessiner Staatsanwaltschaft aufgegriffen worden, nachdem die Schweizer Bürgerrechts- und Selbsthilfeorganisation "Pink Cross" Hauke angezeigt hatte. Laut Überzeugung der Organisation hat Hauke als Herausgeber der Zeitschrift mit der Veröffentlichung des Artikels gegen die Schweizer Antirassismusstrafnorm verstoßen, die im Jahr 2020 um das Verbot des Hasses wegen sexueller Orientierung erweitert worden war.

Die Richterin am Strafgericht begründete den Freispruch damit, dass der Artikel keine Ideologie enthalte, die Homosexuelle generell diskriminiere. Es habe sich um eine lange wissenschaftliche Fachpublikation gehandelt, die sich nicht allgemein über Homosexuelle ausgelassen, sondern sich um deren Einfluss in der katholischen Kirche gedreht habe. Dennoch kritisierte sie das grobe Vokabular in dem Text.

Fakultät: Hauke hat um Suspendierung gebeten

Hauke sagte nach dem Urteil, dass er sehr zufrieden sei. Zum Prozessauftakt vor zwei Wochen hatte er erklärt, dass er sich für unschuldig halte. Er verteidigte die Veröffentlichung des Artikels mit dem Hinweis, dass dem Impressum klar entnommen werden könne, dass die in den Artikeln vertretenen Meinungen nicht identisch seien mit der Auffassung der Chefredaktion und des Herausgebers. Zudem seien viele Zitate aus Okos Text aus dem Kontext gerissen worden.

Am Montagabend teilten die Universität der italienischen Schweiz (USI) und die Theologische Fakultät Lugano in einer Stellungnahme mit, dass man das Urteil zur Kenntnis nehme. Trotz des Freispruchs werde eine eingesetzte Ad-hoc-Kommission weiter prüfen, "ob das Verhalten von Professor Hauke gegen die Grundprinzipien der Universität und ihren Ethikkodex verstoßen hat". Hauke habe in der Zwischenzeit bereits einen Antrag auf Suspendierung von der Lehrtätigkeit an der Theologischen Fakultät Lugano eingereicht. Die Fakultät ist seit 2021 an die USI angegliedert.

Der Artikel in "Theologisches" beschäftigte auch schon die deutsche Justiz. Oko und der verantwortliche Redakteur der Zeitschrift, der emeritierte Theologieprofessor Johannes Stöhr, mussten sich für den Text 2022 in Köln vor Gericht verantworten. Zwar wurde das Verfahren wegen des Vorwurfs der Volksverhetzung eingestellt, beide Priester mussten jedoch Geldauflagen von 3.150 Euro und 4.000 Euro bezahlen. Hauke hatte im Zuge der juristischen Auseinandersetzung in einem Editorial in "Theologisches" Okos Text verteidigt und homosexuelle Priester selbst als "Verbrecher" bezeichnet. Der Münchner Priester Wolfgang F. Rothe, der sich seit längerer Zeit für die Rechte Homosexueller in der Kirche engagiert, hatte Hauke daraufhin ebenso wie zuvor bereits Oko und Stöhr angezeigt. Ende 2021 lehnte die Staatsanwaltschaft Köln Ermittlungen wegen des Verdachts der Volksverhetzung gegen Hauke jedoch ab, da nach Prüfung der Sach- und Rechtslage keine zureichenden tatsächlichen Anhaltspunkte für eine Straftat vorlägen. Gleichwohl wertete die Anklagebehörde Haukes Aussagen über homosexuelle Priester als "heftige Schmähung und einen Angriff auf individuelle Persönlichkeitsrechte". (mal)