Kommentar zur Ablehnung von Viola Kohlberger

Bischöfe sollten Mitspieler der Pfadfinder sein

Veröffentlicht am 27.04.2024 um 10:29 Uhr – Von Thomas Boutellier – Lesedauer: 
Bischöfe sollten Mitspieler der Pfadfinder sein
Bild: © Privat
Kommentar

Bern ‐ Die Ablehnung von Viola Kohlberger als neue Bundeskuratin der Deutschen Pfadfinderschaft Sankt Georg erfüllt viele Klischees, kommentiert der ehemalige Bundespräses der katholischen Pfadfinder der Schweiz, Thomas Boutellier. Er wünscht sich mehr Zusammenarbeit.

  • Teilen:

Pfadfinder*innen stehen jeden Tag vor Herausforderungen: Wem biete ich meine tägliche Gute Tat an, wie zeige ich Allzeit bereit und gibt es genug alte Menschen zur Überquerung der Zebrastreifen. Lauter Klischees, mit der wir jeden Tag leben müssen, ja auch wollen. Es geht darum, die Bedürfnisse unserer Mitmenschen ins Zentrum zu stellen.

Klischees finden sich auch um die Vorgänge rund um die Verweigerung der DBK, Viola Kohlberger als Kandidatin zuzulassen. Die Bischöfe lehnen eine Frau in einem geistlichen Amt ab. Ausgerechnet die Frau, die mit Kardinal Woelki im Synodalen Weg aneinandergeraten ist. Eine Theologin, die den Mut hat, sich hinzustellen und über Missbrauch in der Kirche zu reden. Das Klischee, dass die Kirche, bzw. ihre Vertreter nicht vergessen und dass Frauen einen anderen Platz haben als am Tisch in der Mitte? Erfüllt! Das Klischee, dass man entscheidet, aber nicht begründet? Erfüllt! Und leider könnte man in diesem Fall wohl noch viele Klischee mehr finden. Fakt ist, alle Vorgaben des Verbandes, die mit der DBK abgemacht wurden, sind erfüllt. Und dennoch lehnt die Bischofskonferenz die vorgeschlagene Kandidatin ab.

Viola hat mir vor längerer Zeit erzählt, dass sie sich für das Kuratenamt interessiert und hat ihre Gründe dargelegt. Wow, hab ich gedacht, sie wagt es, als junge Frau für ein Amt zu kandidieren, von dem sie genau weiß, was es für Herausforderungen gibt. Sie weiß, in welchem kirchlichen Umfeld sie außerhalb der Pfadfinder*innen unterwegs sein wird. Eine Frau, die es sich nicht einfach macht und immer auch an der Verbindende denkt.

Transparenz und Intransparenz

Man kann kritisieren, dass wir Viola so gut kennen, weil sie ihr Leben mit uns auf den sozialen Medien teilt. Andersherum, sie ist transparent, sie erklärt, was sie macht, sie hört zu und begründet danach. Etwas, das im Gegensatz zur Transparenz der Entscheidung der Bischöfe steht. Das Gespür, wie wichtig eine Erklärung, eine Begründung solcher Entscheide ist, fehlt der "Chefetage" nicht nur in Deutschland. Jetzt muss jede, jeder selber überlegen, was es gewesen sein könnte und dann sind wir wieder bei den Klischees.

Viola Kohlberger beim Synodalen Weg
Bild: ©Synodaler Weg / Maximilian von Lachner

Viola Kohlberger ist die einzige Kandidatin der DPSG für das Amt der Bundeskuratin.

Liebe Bischöfe, habt den Mut etwas zu wagen. Vom Pfadfindergründer ist folgendes Zitat überliefert: "Es gibt zwei Arten der Disziplin: eine ist der Ausdruck der Loyalität durch Handeln, die andere ist Unterwerfung aus Furcht vor Bestrafung." Ersteres ist der Weg, den Viola Kohlberger und alle Pfadfinder*innen auf der Welt verbindet. Zweiteres, dass was man zwischen den Zeilen lesen kann, wenn man die Nichtkommunikation der DBK anschaut.

Liebe Bischöfe, sollte die Ablehnung daran liegen, dass die Kandidatin kein Priester ist, dann kann ich Ihnen aus eigener Erfahrung sagen. Das geht! Ich war, ohne Priester zu sein, mehr als zehn Jahre Bundespräses der katholischen Pfadfinder in der Schweiz. Ich habe Gottesdienste geleitet, Präses / Kuraten ausgebildet, wurde in die strategischen Prozesse der Kirche und der Bischöfe eingebunden. Und das alles ohne Priester zu sein. Falls diese Angst der Auslöser für das Nein gewesen ist, dann kann ich nur sage:  Mein Gegenüber hat mich als Vertrauensperson (der Kirche) gesehen, nicht spezifisch als Priester, Mann, Laie oder anderes. Das sind alles Vorstellungen die sich in unseren, geprägten Köpfen abspielen, nicht bei den Pfadfinder*innen und Leitenden. Vor mir war das Amt auch schon von einer Frau ausgeübt worden. Und, ja es ging und es hat der Pfadi sogar gut getan. Die Impulse, die eine Frau in den Verband eingebracht hat, waren oft ganz anders, vor allem in der Sprache, immer wertvoll, immer geprägt von der Botschaft des Evangeliums, nicht von oben herab, sondern aus der Mitte in der sie selbst und auch wir, nach ihr, unseren Platz gefunden haben. Und hier lohnt sich sicher ein kollegialer Austausch der Bischöfe. Wir waren nie immer gleicher Meinung, das wäre auch komisch. Aber wir sind gemeinsam für die Kinder und Jugendlichen weitergekommen. Und so kommt ein Zitat von Lord Baden Powell ins Spiel, im wahrsten Sinne des Wortes. "Seid Mitspieler in Gottes Mannschaft!"

Auch wenn ich nicht für die dpsg reden kann: Liebe Bischöfe, kommt mit in die Mannschaft, wir brauchen Euch. Auf der Tribüne zu sitzen und zuzuschauen, zu kommentieren und sich über andere zu reden statt mit ihnen, ist nicht halb so spannend wie Mitspieler in der Mannschaft Gottes zu sein.

Von Thomas Boutellier

Der Autor

Thomas Boutellier ist der ehemalige Bundespräses der katholischen Pfadfinder der Schweiz.