Methodisten schreiben Geschichte: LGBTQ-Menschen als Kleriker erlaubt
Es war ein bewegender Moment im Convention Center von Charlotte, als die Delegierten bei der Generalversammlung der Methodisten realisierten, was gerade geschehen war. Ohne größere Debatte hatten sie am Mittwoch mit 93 Prozent der Stimmen das Verbot aufgehoben, LGBTQ-Menschen in den Kirchendienst aufzunehmen. Gleichzeitig schützt das höchste Organ der United Methodist Church (UMC) Geistliche nun davor, von regionalen Kirchenführern sanktioniert zu werden, wenn sie gleichgeschlechtliche Ehen schließen.
"Die Leute können jetzt endlich ihrer Berufung folgen, ohne Angst haben zu müssen", freut sich Karen Oliveto, die erste Bischöfin, die sich zu ihrer Homosexualität offen bekannt hatte. Zusammen mit vielen anderen Delegierten strömte sie nach der Abstimmung spontan in das Plenum des Convention Centers. Die Teilnehmer umarmten sich, Freudentränen flossen. Viele der traditionell sangesfreudigen Methodisten stimmten in Hymnen wie "Child of God" und "Draw the Circle Wide" – Macht den Kreis weit – ein. Darunter war auch die Präsidentin der Bischofskonferenz der UMC, Bischöfin Tracy Malone.
Der Ausbruch an Emotionen kontrastierte auffallend mit der geladenen Stimmung, die das letzte Treffen der Generalversammlung 2019 geprägt hatte. Damals hatten sich konservative Delegierte mit Beschlüssen durchgesetzt, die das Verbot von Schwulen und Lesben im Pastorenamt und die Ablehnung der gleichgeschlechtlichen Ehe bekräftigten.
Viele Gemeinden spalten sich ab
In der Erwartung, dass sich progressivere Regionalkonferenzen nicht daran halten würden, vereinbarten die Delegierten seinerzeit einen Austrittsmechanismus. Demnach bekamen Gemeinden die Möglichkeit, sich bis Ende 2023 von der UMC abzuspalten, ohne ihre Gotteshäuser aufgeben zu müssen. Dennoch waren mit dem Austritt aus dem Dachverband zum Teil erhebliche finanzielle Kosten verbunden.
Das Misstrauen gegenüber den reformorientierten Kräften war so groß, dass rund 7.600 traditionelle Gemeinden von der Möglichkeit Gebrauch machten, sich abzuspalten. Das entspricht etwa einem Viertel aller Mitgliedsgemeinden in den USA. Sie schlossen sich entweder unter dem neuen Dach der "Global Methodist Church" zusammen oder blieben unabhängig. Im Süden der USA war der Exodus besonders stark. So verlor die UMC in Texas mehr als 40 Prozent ihrer Gemeinden.
Auch in anderen Teilen der Welt, in denen die Methodisten präsent sind, gibt es Absetzbewegungen. Das trifft vorwiegend auf afrikanische Gläubige zu, die sich mit der Anerkennung von LGBTQ-Menschen schwertun. "Wir betrachten Homosexualität als Sünde", erklärte Forbes Matonga, der Pastor in Simbabwe ist. "Das ist ein fundamentaler Unterschied zu anderen, die aus unserer Sicht nicht länger der Autorität der Heiligen Schrift folgen."
Vergangene Woche hatte die Generalversammlung der UMC die Differenzen offiziell anerkannt und ein Regionalisierungskonzept beschlossen. Dieses erlaubt Mitgliedskirchen in anderen Weltteilen, das kontroverse Thema nach ihren lokalen Traditionen zu behandeln.
Weitere historische Änderung
Letztlich handelt es sich dabei um Ausnahmen. Denn auf das Regelbuch der UMC, "The Book of Disciplin", wartet an diesem Donnerstag eine nicht minder historische Änderung. Die 1972 aufgenommene Aussage, wonach Homosexualität "unvereinbar mit der christlichen Lehre" sei, soll ersatzlos gestrichen werden. Die Zustimmung gilt als sicher.
Für Bischof Ken Carter von der "Western North Carolina Conference" der UMC ist das längst überfällig. "Wir haben über Jahrzehnte eine Gruppe zur Zielscheibe für Diskriminierung gemacht", sagt Carter zu dem bevorstehenden Wandel. Dies sei mit dem Verständnis geschehen, dass es sich bei Homosexuellen um kranke oder gestörte Menschen handelte. "Die Leute erkennen zunehmend an, dass Gottes Geist auch durch Schwule und Lesben wirkt."
Im Überschwang der neu gefundenen Einheit der zusammengeschrumpften UMC beschlossen die Delegierten noch etwas anderes: Falls sich traditionelle Gemeinden die Sache noch einmal anders überlegten und zurückkehren wollten, sollen ihnen die Türen offen stehen.