Zum wiederholten Mal verlässt ein ostdeutscher Bischof nach kurzer Amtszeit seine Diözese

Wunsch nach Kontinuität

Veröffentlicht am 09.06.2015 um 00:01 Uhr – Von Gabriele Höfling – Lesedauer: 
Bistümer

Bonn ‐ Das Bistum Dresden-Meißen ist nicht die erste ostdeutsche Diözese, die ihren Bischof nach kurzer Zeit wieder verliert. Dabei sind die Aufgaben gerade angesichts der ostdeutschen Diaspora-Situation immens.

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Er bezeichnete die Personalie als "fragwürdige Ernennung". "Angesichts der besonders schwierigen Situation der Katholiken in den neuen Bundesländern trägt dies eher noch zur weiteren Destabilisierung der kirchlichen Verhältnisse bei", so Feige. Eine ähnliche Stoßrichtung hatten die Reaktionen aus Görlitz und Erfurt, wenn sie auch etwas zurückhaltender formuliert sind: Er hoffe, Versetzungen von Bischöfen nach so kurzer Zeit würden "nicht die Regel in unserer Kirche", sagte der Görlitzer Bischof Wolfgang Ipolt.

Neymeyr wünscht Dresdnern kurze Vakanz

Und Erfurts Oberhirte Ulrich Neymeyr wünscht den Menschen im Bistum Dresden-Meißen eine kurze Zeit der Vakanz – und dass es dem neuen Bischof möglich sei, länger als nur wenige Jahre dort zu dienen. Schließlich ging auch Kardinal Reinhard Marx, der Vorsitzende der Deutschen Bischofskonferenz, in seinem Glückwunschschreiben auf die "nur so kurze Zeit" ein, die Koch in Dresden verbracht habe.

Das Unbehagen liegt also nicht in der Person Heiner Kochs, sondern an der Tatsache, dass zum wiederholten Mal ein ostdeutscher Bischof nach kurzer Zeit im Amt seine Diözese wieder verlassen musste: 2010 war es nach drei Jahren Konrad Zdarsa, der von Görlitz nach Augsburg berufen wurde, im vergangenen Jahr wechselte der aus Köln stammende Kardinal Rainer Maria Woelki nach einer ebenso kurzen Amtszeit aus Berlin wieder zurück an den Rhein. Und das Bistum Dresden-Meißen steht nun sogar nach knapp zwei Jahren wieder ohne Bischof da.

Gerhard Feige ist Bischof von Magdeburg.
Bild: ©dpa

Gerhard Feige ist Bischof von Magdeburg.

Hinzu kommt, dass die jüngsten Wechsel in eine Zeit fallen, in der die jeweiligen Diözesen sich in weitreichenden Umbrüchen befinden: So geht es etwa im Erzbistum Berlin darum, die Gemeinden neu zu strukturieren und die Sankt-Hedwigs-Kathedrale umfassend zu sanieren. Im Bistum Dresden-Meißen steckt der Katholikentag 2016 in Leipzig mitten in der Vorbereitung. Außerdem stand auch hier die pastorale Neuordnung der Diözese auf der Agenda. Sowohl Woelki als auch Koch konnten diese Prozesse in ihren kurzen Amtszeiten nur anstoßen, mussten dann aber angefangene Projekte unfertig hinterlassen.

"Kein ermutigendes Signal"

Auch schon früher meldeten sich Oberhirten, die eine Unzufriedenheit der ostdeutschen Bistümer ausdrückten: So etwa im vergangenen Sommer, als die Sedisvakanz in Erfurt bereits zwei Jahre dauerte, aber das Erzbistum Köln nach knapp fünf Monaten einen neuen Oberhirten bekam.

Damals bekundete nicht nur der Erfurter Diözesanadministrator, Weihbischof Reinhard Hauke, seine Ungeduld, sondern auch der Magdeburger Bischof Feige fand deutliche Worte: Es wirke "befremdlich", dass Erfurt so lange auf den neuen Oberhirten warten müsse.  Und mit Blick auf den Wechsel Woelkis von Berlin nach Köln ergänzte Feige, es sei "kein ermutigendes Signal für den Osten Deutschlands, wenn ein aus dem Rheinland gekommener Hoffnungsträger nach nur drei Jahren schon wieder in seine Heimat zurückkehrt". Offensichtlich scheine Berlin als Hauptstadt für die katholische Kirche in Deutschland nicht so bedeutungsvoll zu sein.

Hintergrund der Zwischenrufe ist auch die allgemein eher schwierige Situation der ostdeutschen Bistümer. Nach 40 Jahren DDR befinden sie sich in einer extremen Diasporasituation. So sind in der neuen Heimat Heiner Kochs nur rund sieben Prozent der Menschen katholisch. Im Bistum Dresden-Meißen sind es noch weniger: rund vier Prozent.  

Rückflug nur nach Berlin

Bischof Heiner Koch hat einen Kloß im Hals. Man sieht ihm an: Der Abschied fällt ihm nicht ganz leicht. Nach nur zwei Jahren als Oberhirte des Bistums Dresden-Meißen wird er Erzbischof von Berlin. Nach der Verkündigung des Wechsels steht er am Montagnachmittag Journalisten Rede und Antwort. Dabei kommt er auch auf seinen Nachfolger in dem Ost-Bistum zu sprechen.
Von Gabriele Höfling