Helfen, wo man kann: Die Malteser-Fahrradstaffel auf dem Katholikentag
"Wir starten mit der Sanitätsstreife durch die Innenstadt Richtung Domplatz", funkt Tobias Dettmer an seine Kollegen in der Einsatzzentrale. Es ist Freitagabend, 18 Uhr. Dettmer ist mit seinen Malteser-Kollegen Timo Eggerking und David Exner in besonderer Mission auf dem Katholikentag unterwegs: Sie sind die Fahrradstaffel der Malteser Alfhausen (Bistum Osnabrück). "Mit unseren Fahrrädern sind wir deutlich schneller und flexibler als unsere Kollegen", sagen die drei. Für Dettmer und Eggerking ist es der zweite Katholikentags-Einsatz auf dem Rad. Exner hat auch schon Katholikentagserfahrung als Malteser – diesmal hat er sich aber der Fahrradstaffel seiner Kollegen angeschlossen.
Die drei sind seit Nachmittag im Dienst. Sie sind an der Sanitätsstation am Theaterplatz stationiert. Hier haben die Malteser eines von drei Zelten mit Betten und Behandlungsmöglichkeiten auf dem Katholikentagsgelände aufgebaut. Insgesamt sind rund 280 Einsatzkräfte der katholischen Organisation bei der Großveranstaltung in Erfurt aktiv. Die Malteser übernehmen neben der medizinischen Hilfe auch die Betreuung von Übernachtungsgästen in Schulen und der Messehalle. Allein dort schlafen rund 900 Besucher. Die Sanitäter kommen dabei vor allem aus Nord- und Ostdeutschland. Aber auch Einsatzkräfte aus Hessen Rheinland-Pfalz und Bayern sind mit Technik und Manpower vor Ort.
Bei einem Grillevent am Mittwoch konnten sie sich schon etwas kennenlernen. Wie ein großes Familientreffen in orange sei der Katholikentag für sie, erzählen die drei Radler. "Der Katholikentag ist das Malteserevent überhaupt", ergänzt Exner. Anders als bei anderen Hilfsorganisationen sei bei den Maltesern zum Beispiel die Uniform bundesweit gleich, erzählen sie. Das schaffe ein besonderes Zusammengehörigkeitsgefühl: "Vielleicht auch so eine katholische Sache", sagt Exner.
Vorhin bekamen die Fahrrad-Sanitäter von ihrem Einsatzleiter Severin Strecker ein Update über den heutigen Spätdienst. Gerade macht die Wetterlage den Organisatoren und Helfern am Freitag Sorgen – Starkregen und Unwetter bedrohen die Veranstaltung. Ansonsten sei es aber recht ruhig, die Einsätze waren bisher überschaubar. "Wie am ersten Tag", sagt Strecker. Die Radler kennen das auch anders – in Münster hätten sie richtig zu tun gehabt, erzählen sie. "Das waren bestimmt 30 Fahrradeinsätze in vier Tagen", erinnert sich Dettmer. Nach zwei Tagen in Erfurt hatten sie erst zwei medizinische Einsätze.
Im Nieselregen stülpt Exner noch den Regenschutz über den mobilen Defibrillator, dann schwingen sich die drei auf ihre Räder. Für ihren roten Notfallrucksack brauchen sie keinen Regenschutz – der ist aus wasserfester LKW-Plane. Vom Theaterplatz geht es Richtung Dom. Dazu müssen sie über den Bürgersteig fahren, denn auf der Straße stehen Sicherheitspoller. Wenn die drei auf Streife sind, stoppt sie so schnell nichts. Dann muss auch Irme Stetter-Karp, die Präsidentin des Zentralkomitees der deutschen Katholiken, schnell auf dem Bürgersteig Platz machen.
Anschließend sausen sie um die Ecke auf die Medienmeile. Eine der Ausstellerinnen sieht die drei und reicht ihnen Gummibärchen – Exner greift zu: Pausenverpflegung für später. Dann geht es im Slalom zwischen den Kirchentagsbesuchern zu ihrer ersten Station am Anger. Hier trifft der Katholikentag auf das Erfurter Stadtleben und auch die Drogenszene: "Wer Hilfe braucht, bekommt sie von uns. Am Anger ist am meisten zu tun".
Dort angekommen, halten die drei für ein kurzes Gespräch mit den Kollegen an der dortigen Sanitätsstation. "Wir kennen uns ja aus unserer Gemeinschaftsunterkunft. Auch das gehört zu dem Malteser-Zusammengehörigkeitsgefühl", sagt Exner. Kontakt zu Kollegen hat die Fahrradgruppe sehr viel: "Wir kommen wohl am meisten rum", sagt er. Anders als ihre Fuß-Kollegen sind die drei nämlich im ganzen Stadtgebiet und nicht nur auf einem bestimmten Platz eingesetzt.
Hier am Anger stehen gerade auch die Motorräder der Malteser, mit denen zwei ihrer Kollegen Patrouille fahren. Wie die radelnden Malteser sorgen auch sie mit ihren großen Maschinen für einige Aufmerksamkeit bei den Katholikentags-Besuchern. Nach einem kurzen Plausch mit den Kollegen geht es weiter durch die Stadt zum Dom.
Treffen die drei auf andere Einsatzkräfte, wird gewunken: Sie fallen schließlich auf im Stadtbild. "Die Kollegen in dem Krankentransporter hier vorne haben gestern eine Person übernommen, bei der wir die Erstversorgung geleistet haben", sagt Exner und winkt in die Richtung eines vorbeifahrenden Krankenwagens.
Zu Besuch in der Orga-Zentrale am Dom
Am Dom machen die drei Halt an einem Wagen, in dem der Einsatz in der Stadt organisiert wird. Hier laufen alle Drähte zusammen, hier werden die Einsätze koordiniert. Auf großen Monitoren bekommen die Malteser Infos über die Standorte ihrer Kollegen in der Stadt, Patientendaten und Lageberichte. Dann schwingen sie sich wieder auf ihre Räder und fahren über den Domplatz zur zentralen Verpflegungsstelle der Helfer. "Solche ruhigen Runden sind normal", sagt Exner. Pro Schicht fahren sie in Erfurt zwischen sechs und zehn Kilometer. "In Münster waren das auch mal 30", sagt Demmer.
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Auf dem Weg zur Essensausgabe in der Domsporthalle sieht ein kleiner Junge die drei vorbeirauschen "Schau mal, die fahren ja sogar Fahrrad", sagt er zu seinem Vater. "Die Leute freuen sich, wenn sie uns sehen", sagt Exner – "meistens reagieren aber eher die Erwachsenen".
Während der Essenspause kommt dann der erste "Notfall" des Abends: Eine Katholikentags-Helferin hat sich einen Splitter zugezogen. Dettmer inspiziert das Problem und schickt sie anschließend zu seinen Kollegen am Domplatz – "so eine kleine Pinzette haben wir nicht dabei", sagt er.
Die Malteser sind in mehreren Schichten während des Katholikentags meist von 8 Uhr bis kurz vor Mitternacht im Einsatz. Wie finden sie die Ruhe in diesem Jahr? Die drei kommen ins Grübeln. Menschlich sei es ja schon wünschenswert, dass niemand zu verarzten sei, sagen sie. Aber Helfen mache doch auch Spaß: "Man wendet ja auch gern an, was man kann", geben sie zu.
Die Essensausgabe füllt sich gegen zwanzig Uhr noch einmal mit einigen Maltesern: "Man merkt, dass hier gleich zu gemacht wird. Jetzt stärken sich die Kolleginnen und Kollegen nochmal." Dann schwingen sie sich wieder auf ihre Räder und fahren über den Domplatz, um zu hören, was mit der Splitter-Patientin passiert ist. Auf dem Weg werden sie von einer Passantin angehalten: Sie möchte wissen, wo der nächste Briefkasten ist. "Solche Fragen sind uns schon unzählige Male passiert. Aber auch da helfen wir gern", sagt Exner und lacht. Dann nehmen die drei wieder Kurs auf ihre Basisstation. Eine Runde wollen sie am Abend noch fahren: "Die wird wohl aber ähnlich ruhig wie bisher", mutmaßen sie – und freuen sich schon auf ihr Feierabendbier in der Jugendherberge in der sie untergebracht sind.