Standpunkt

Kirchen dürfen bei politischen Entscheidungen nicht schweigen

Veröffentlicht am 07.06.2024 um 00:01 Uhr – Von Albrecht von Croy – Lesedauer: 

Bonn ‐ Auch heute werde die Kirche wieder aufgefordert, sich auf ihre Kernkompetenz zu beschränken, predigte Bischof Feige auf dem Katholikentag. Albrecht von Croy sieht darin einen Aufruf gegen politische Selbstverzwergung.

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Es gab einige bemerkenswerte und deswegen unvergessliche Momente auf dem Erfurter Katholikentag. Ein besonderer: die Predigt des Magdeburger Bischofs Gerhard Feige am Fronleichnams-Abend auf der Severiwiese hinter dem Dom. Dicht gedrängt, dem dräuenden Gewitter trotzend, hörten die Menschen eine klare Botschaft: "Kirchen dürfen nicht schweigen." Die Kirche sei eben nicht nur dafür da, von den "letzten Dingen" zu sprechen, weil wenn Menschen nur über das tägliche Elend hinweggetröstet werden sollten, dann wäre "die Religion", wie Karl Marx es formuliert habe, tatsächlich nichts anderes als das "Opium des Volkes" oder – wie es Wladimir Illjitsch Lenin noch verschärft ausgedrückt habe – "das Opium für das Volk".

Bemerkenswert auf einem Katholikentag, der geradezu ein Schaulaufen verantwortlicher (Regierungs-)Politiker war. Denn Feige setzte noch einen drauf: unter Verweis auf die Neutralität des Staates werde die Kirche "auch heute wieder" aufgefordert, sich auf ihre Kernkompetenz zu konzentrieren und nur die religiösen Bedürfnisse ihrer Mitglieder zu erfüllen. "Wenn es grundsätzlich und konkret um die Würde und Freiheit eines jeden Menschen geht, die Achtung der Menschenrechte und das Gemeinwohl, den Frieden und die Bewahrung der Schöpfung, können und dürfen wir als Kirchen nicht schweigen."

Machen wir's doch mal konkret: Wie gern wird im Bundestag demnächst die Stimme der katholischen Kirche gehört, wenn es denn an eine endgültige Entscheidung zum assistierten Suizid geht? Und bleiben die Bischöfe dann standhaft in ihrer Forderung nach einem Schutzkonzept, damit der assistierte Suizid eben nicht zur gesellschaftlichen Normalität am Lebensende wird, damit Einrichtungen in ihren Räumlichkeiten die Beihilfe zum Suizid eben kategorisch ausschließen können. Weil es eben hier "grundsätzlich um die Würde und die Freiheit eines jeden Menschen geht".

Bischof Feige hat einen fatalen Hang der katholischen Kirche zur politischen Selbstverzwergung angesprochen. Hoffentlich im wahrsten Sinne "unvergesslich"!

Von Albrecht von Croy

Der Autor

Albrecht von Croy ist Mitherausgeber von "theo – das katholische Magazin" und Mitglied des Zentralkomitees der deutschen Katholiken (ZdK).

Hinweis

Der Standpunkt spiegelt ausschließlich die Meinung der jeweiligen Autorin bzw. des Autors wider.