Schwester Jordana Schmidt über das Sonntagsevangelium

Tipp aus der geistlichen Gärtnerei – Geduldig wachsen lassen!

Veröffentlicht am 15.06.2024 um 12:15 Uhr – Lesedauer: 
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Schwalmtal-Waldniel ‐ Schwester Jordana Schmidt ist leidenschaftliche Gärtnerin. Deswegen mag sie das Gleichnis, das Jesus im Sonntagsevangelium benutzt, besonders: Vom kleinen Samen, der von selbst große Frucht bringt, ist darin die Rede. Also nur Geduld – und im liebevollen Vertrauen auf Gott leben.

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Der Same auf dem Acker, das kleine Senfkorn… Das Bild dieses Textes ist mir von Kindertagen an vertraut. Wird es doch in jeder Kommunionvorbereitung, im Religionsunterricht und in der Kinderkatechese gerne genutzt. Und wie oft habe ich das Lied "Kleines Senfkorn Hoffnung, mir umsonst geschenkt, werde ich dich pflanzen, dass du weiterwächst. Das du wirst zum Baume, der uns Schatten bringt. Hoffnung gibst für alle, alles die in Ängsten sind" gesungen.

Auch jetzt im Erwachsenenalter liebe ich das Bild dieses Textes. Zum einen, weil ich leidenschaftliche Gärtnerin bin und den Wachstumsprozess täglich vor Augen habe (wobei das Unkraut mir am schnellsten das Wachstum vor Augen hält, aber eben auch die "guten" Samen).  Zum anderen, weil mir die Botschaft dahinter im Laufe meines Lebens sehr ans Herz gewachsen ist. Sie entschleunigt mich. Sie entlastet mich und nimmt mir Stress und Anspruch, den ich sehr schnell in mir spüre. Die Botschaft lautet: Du musst nichts tun! Du darfst hinhalten, warten und wachsen lassen. In anderen Gleichnissen wird mehr gefordert. Da muss beschnitten, begossen, verteidigt werden. Hier zeigt mir Jesus einen anderen Weg, den Himmel in mir zu spüren. Einzig dem Samen Raum und Erde bieten ist meine aktive Aufgabe. Also Hinhalten, Empfangen und mein Sein öffnen.

Ich erinnere mich an meinen langjährigen Exerzitienbegleiter, der mich immer korrigierte, wenn ich wieder davon sprach, etwas zu "müssen". Er sagte dann geduldig: "Nichts müssen Sie, Schwester Jordana", und in mir machte sich ein wohliges Gefühl breit – und die Gewissheit, bei diesem Gott gut aufgehoben zu sein. Auch ein anderer Geistlicher Begleiter war da ebenfalls sofort wachsam und gab mir fast heftig mit auf meinen Weg: "Nix musst du, sterben musst du!"

Anscheinend ist dies meine Botschaft in meiner geistlichen Gärtnerei. Geduldig wachsen lassen! Nicht daran ziehen, nicht ausreißen oder mit hohen Ansprüchen überdüngen. Es wird, wenn du im liebevollen Vertrauen auf Gott lebst. Mehr muss nicht. So einfach und doch so unendlich schwer. Wir dürfen diesen scheinbar leichten, bilderreichen und einfachen heutigen Text genießen und auf der Zunge zergehen lassen, der Fantasie Raum geben: das Senfkorn, was zum Baum wird, der Same auf dem Acker, der heranwächst. Denn mit dem Himmelreich ist es halt so! Also seien Sie gewiss, ein Samenkorn des Himmels wächst auch in Ihnen. Nur Geduld.

Evangelium nach Markus (Mk 4, 26–34)

In jener Zeit sprach Jesus zu der Menge:

Mit dem Reich Gottes ist es so, wie wenn ein Mann Samen auf seinen Acker sät;

dann schläft er und steht wieder auf, es wird Nacht und wird Tag, der Samen keimt und wächst und der Mann weiß nicht, wie.

Die Erde bringt von selbst ihre Frucht, zuerst den Halm, dann die Ähre, dann das volle Korn in der Ähre.

Sobald aber die Frucht reif ist, legt er die Sichel an; denn die Zeit der Ernte ist da.

Er sagte: Womit sollen wir das Reich Gottes vergleichen, mit welchem Gleichnis sollen wir es beschreiben?

Es gleicht einem Senfkorn. Dieses ist das kleinste von allen Samenkörnern, die man in die Erde sät.

Ist es aber gesät, dann geht es auf und wird größer als alle anderen Gewächse und treibt große Zweige, sodass in seinem Schatten die Vögel des Himmels nisten können.

Durch viele solche Gleichnisse verkündete er ihnen das Wort, so wie sie es aufnehmen konnten.

Er redete nur in Gleichnissen zu ihnen; seinen Jüngern aber erklärte er alles, wenn er mit ihnen allein war.

Die Autorin

Schwester Jordana Schmidt OP ist gelernte Familientherapeutin und Diplom-Heilpädagogin. Seit 1994 gehört sie den Dominikanerinnen von Bethanien an. Von 2002 bis 2012 arbeitete sie als Erziehungsleiterin im Bethanien Kinderdorf in Schwalmtal-Waldniel und war zwischen 2012 und 2020 Kinderdorfmutter. Heute lebt sie als SPLG Mutter (Sozialpädagogische Lebensgemeinschaften) mit zwei Kindern in Krefeld. Momentan sie ist mehrmals im Jahr im Radio bei "Kirche im WDR" zu hören. Ihre Bücher "Auf einen Tee in der Wüste" und "Ente zu verschenken" waren wochenlang auf der Spiegel-Bestsellerliste.

Ausgelegt!

Als Vorbereitung auf die Sonntagsmesse oder als anschließender Impuls: Unser Format "Ausgelegt!" versorgt Sie mit dem jeweiligen Evangelium und Denkanstößen von ausgewählten Theologen.