Kardinal Koch und Weihbischof Eleganti streiten über Papst-Dokument
Der Schweizer Weihbischof Marian Eleganti und Kurienkardinal Kurt Koch streiten öffentlich über das neue Ökumene-Studiendokument zum Papstamt. Der Präfekt des vatikanischen Dikasteriums für die Förderung der Einheit der Christen weist in einem offenen Brief Vorwürfe des Weihbischofs zurück, das in der vergangenen Woche veröffentlichte Studiendokument "Der Bischof von Rom" wolle die Lehraussagen des Ersten Vatikanischen Konzils (1869–1870) aufgeben. Koch reagierte mit seinem am Montag veröffentlichten offenen Brief auf eine erste Einschätzung Elegantis, die dieser am Samstag auf "swiss-kath.ch" veröffentlicht hatte. Der Weihbischof befürchtet, dass das Petrusamt so lange herabgestuft werden solle, "bis es für möglichst viele getrennte Christen akzeptabel wird, aber nicht mehr das ist, was es nach dem Willen Christi zu sein hat". Das Dokument messe den päpstlichen Jurisdiktionsprimat nicht an der Lehre der Kirche, sondern daran, inwiefern es von anderen Christen akzeptiert werde.
In seiner Antwort weist Koch dies deutlich zurück. Es sei "schlicht falsch", dass das Dokument wie von Eleganti unterstellt die Akzeptanz der Jurisdiktion des Papstes durch die anderen Christen als "Kriterium für seine Gültigkeit und Legitimität" gesehen werde. Es gehe keineswegs darum, die Papstdogmen des Ersten Vatikanums zu verabschieden. "Im Dokument wird im Gegenteil vorgeschlagen, dass die Katholische Kirche im Blick auf das Erste Vatikanische Konzil nach neuen Ausdrucksformen und einem neuen Vokabular sucht, das aber der ursprünglichen Intention treu bleibt und in die Ekklesiologie der Communio integriert wird", so Koch.
Neuverortung im Licht des Zweiten Vatikanischen Konzils
Der Kardinal betont, dass eine Neuverortung der Papstdogmen im Licht der Lehre des Zweiten Vatikanischen Konzils, das den Gedanken der Gemeinschaft stark gemacht hatte, in die Autorität des Lehramts fällt: "Als Katholik gehe ich dabei davon aus, dass die Führung der Kirche durch den Heiligen Geist nicht beim Ersten Vatikanum Halt gemacht hat, sondern dass der Heilige Geist die Kirche auch auf dem Zweiten Vatikanum begleitet hat und es auch heute tut." Ob Eleganti das auch so verstehe, sei Koch aus der Stellungnahme des Weihbischofs nicht deutlich geworden: "Denn auf der einen Seite betonst Du – mit Recht – die bleibende Gültigkeit des Ersten Vatikanum, während Du auf der anderen Seite recht eigenwillig das Zweite Vatikanische Konzil kritisierst, indem Du ihm beispielsweise vorwirfst, es habe das Selbstverständnis und den Anspruch der Katholischen Kirche 'semantisch verwedelt'." Eleganti hatte mit diesen Worten die Kirchenkonstitution "Lumen Gentium" des Zweiten Vatikanums kritisiert, in der es heißt, dass die Kirche Christi in der katholischen Kirche verwirklicht ist ("subsistit in"), und nicht, dass die Kirche Christi die katholische Kirche ist ("est").
Koch zeigt sich auch verwundert darüber, dass ausgerechnet Eleganti, der in den vergangenen Jahren mit deutlicher Kritik am Lehramt von Papst Franziskus aufgefallen ist, nun das Papstamt derart betont: "Es berührt mich seltsam, wenn Du jetzt den Jurisdiktionsprimat des Papstes und den kirchlichen Gehorsam gegenüber den päpstlichen Lehrentscheidungen in absoluter Weise einforderst, jedoch selbst in bisherigen Stellungnahmen Deine Freiheit in Anspruch genommen hast, nicht wenige jurisdiktionelle Entscheidungen des gegenwärtigen Papstes in Frage zu stellen oder gar abzulehnen. Ich vermag nicht zu verstehen, wie beides zusammengehen soll."
Eleganti hält an seiner Position fest
Am Montag veröffentlichte Eleganti eine Replik auf Koch, in der er an seiner Position festhielt. Er frage sich, was bei den im Studiendokument vorgeschlagenen Dialoganstrengungen anderes herauskommen solle als höchstens ein Ehrenprimat des Papstes, mit dem keine Jurisdiktion verbunden wäre. Dagegen habe das Erste Vatikanum in seiner Dogmatischen Konstitution "Pastor Aeternus" erklärt, dass dem Papst von Christus "unmittelbar und direkt ein Primat der Jurisdiktion über die gesamte Kirche Gottes" übertragen worden sei. "Das heisst nicht, dass man den Papst in allen Bereichen seiner Amtsführung, in denen er nicht unfehlbar lehrt und agiert, nicht kritisieren dürfte", so Eleganti weiter.
Am Donnerstag hatte das von Koch geleitete Dikasterium zur Förderung der Einheit der Christen das Studiendokument "Der Bischof von Rom" veröffentlicht. Darin werden Reaktionen aus der Ökumene auf die Enzyklika "Ut unum sint" (1995) von Papst Johannes Paul II. und Ergebnisse des ökumenischen Dialogs über die Rolle des Papstes gesammelt. Außerdem macht das Dikasterium Vorschläge dazu, wie das Verständnis des Papstamtes so weiterentwickelt werden könne, dass der Papst seine Rolle als Garant der Einheit der Kirchen ausüben kann. Als eine Maßnahme schlägt das Dikasterium eine Relecture oder einen offiziellen Kommentar zum Ersten Vatikanischen Konzil vor, um seine Beschlüsse im Licht des Zweiten Vatikanums zu lesen. Das Erste Vatikanum hatte die päpstliche Unfehlbarkeit und den Jurisdiktionsprimat des Papstes dogmatisiert. Reaktionen aus der Ökumene auf das Studiendokument waren größtenteils positiv. (fxn)