Bericht: Neuer Bischof errichtet erste Missbrauchskommission Polens
Der neue Bischof des kriselnden polnischen Bistums Sosnowiec, Artur Wazny, hat noch vor seinem Amtsantritt am vergangenen Wochenende eine unabhängige diözesane Kommission eingerichtet, die den Missbrauch durch Kleriker in dem südpolnischen Bistum untersuchen soll. Laut einem Bericht des Internetportals ucanews.com von Dienstag soll es sich um die erste derartige Untersuchungskommission in der katholischen Kirche Polens handeln. Zur Begründung für seinen Schritt erklärte Wazny, dass es ihm "um die Wahrheit" gehe. Ohne Wahrheit seien die Liebe und die Mission der Kirche nicht möglich. Ziel müsse es sein, die Wahrheit zu erlangen, "auch wenn es sehr schmerzhaft ist, denn wir werden mit der Tatsache konfrontiert, dass bestimmte Dinge geklärt, bereinigt, gesühnt, bereut und neu begonnen werden müssen".
Laut dem Bericht ernannte Wazny eine pensionierte Staatsanwältin aus Kattowitz zur Vorsitzenden der Untersuchungskommission, auch dies sei für die Kirche in Polen eine Premiere. Zudem sollten dem Gremium auch Experten für weltliches und kirchliches Recht, für Geschichte und Archivwissenschaften, für Psychologie und Psychotherapie sowie für Kommunikation angehören. Darüber hinaus werde eine externe Prüfung durchgeführt, um "pastorale, finanzielle, rechtliche, administrative und personelle" Fragen zu klären, hieß es in einer Erklärung der Diözese. Geplant ist den Angaben zufolge, dass die Kommission ihre Arbeit im September aufnimmt. Mit Blick auf die Arbeitsweise des Gremiums erklärte der Bischof, dass es sich an den "bewährten Praktiken" US-amerikanischer Diözesen bei der Untersuchung und Prüfung von Missbrauchsfällen orientieren solle.
Bischof: Kommission soll Pionierarbeit für ganze Kirche Polens leisten
Wazny äußerte die Hoffnung, dass die Untersuchungskommission für die ganze Kirche in Polen Pionierarbeit leisten werde und andere Bischöfe seinem Beispiel folgen würden. Die Polnische Bischofskonferenz hatte im vergangenen Jahr angekündigt, ein unabhängiges Expertenteam zur Aufarbeitung berufen zu wollen. Wann dies geschieht, ist bislang aber noch unklar. Die staatliche Aufarbeitungskommission für Missbrauchsfälle beklagte im vergangenen Jahr eine Weigerung der Bischöfe, Akten an sie herauszugeben. 2021 hatte der Vatikan gegen so viele polnische Bischöfe Disziplinarstrafen wegen Pflichtvernachlässigung in Zusammenhang mit Missbrauchsvorwürfen wie in keinem anderen Land verhängt. Fast ein Dutzend zumeist emeritierte Bischöfe mussten Beträge an eine Kirchenstiftung zahlen, die Präventionsmaßnahmen gegen sexualisierte Gewalt an Minderjährigen unterstützt. Zudem dürfen die meisten bestraften Bischöfe entweder in ihren früheren Diözesen oder überhaupt an keinen öffentlichen Gottesdiensten mehr teilnehmen.
Das Bistum Sosnowiec, in dem Wazny jetzt das Bischofsamt übernommen hat, war in den vergangenen Jahren immer wieder in die Schlagzeilen geraten. Medienberichten zufolge beschuldigten 2010 mehrere Priesteranwärter den Rektor des örtlichen Seminars, sie sexuell missbraucht zu haben. Das Seminar wurde später geschlossen. Im vergangenen Jahr folgte ein weiterer Vorfall: Bei einer angeblichen Sexparty eines homosexuellen Priesters soll ein Callboy nach der Einnahme von Potenzmitteln ohnmächtig geworden sein. Der Geistliche soll Medien zufolge den alarmierten Sanitätern den Zutritt zu seiner Wohnung verwehrt habe; daraufhin hätten diese die Polizei gerufen. Kritiker sprachen von einem moralischen Verfall in der Diözese, den sie auch dem damaligen Bischof Grzegorz Kaszak anlasteten. Dieser trat daraufhin im Oktober vergangenen Jahres zurück. (stz)