Standpunkt

Candystorm statt Shitstorm in der katholischen "Bubble"!

Veröffentlicht am 28.06.2024 um 00:01 Uhr – Von Friederike Frücht – Lesedauer: 

Bonn ‐ Besonders in sozialen Medien werden Menschen in Schubladen gesteckt – verletzende Kommentare und Drohungen inklusive. Auch in der katholischen Blase ist das zu beobachten, schreibt Friederike Frücht. Wo bleiben da die christlichen Maßstäbe?

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Ob in sozialen Medien, am Arbeitsplatz oder im Alltag – ständig ordnen wir Menschen in bestimmte Schubladen ein. Diese Bewertungsmuster führen dazu, dass wir Menschen auf bestimmte Merkmale reduzieren und ihre komplexe Identität vernachlässigen. Wenn wir Menschen lediglich aufgrund einzelner Eigenschaften bewerten – sei es aufgrund ihres Aussehens, ihrer beruflichen Leistung oder ihres sozialen Status – ignorieren wir ihre übrige Persönlichkeit und somit wichtige Teile ihrer Lebensgeschichte. Dies führt dazu, dass wir Vorurteile und Stereotypen verstärken, die gesellschaftliche Ungerechtigkeiten vertiefen können.

Besonders deutlich wird dies in sozialen Medien. Likes, Followerzahlen und Kommentare bestimmen scheinbar den Wert einer Person, Inhalte werden extrem verkürzt dargestellt. Diese oberflächliche Bewertungskultur kann das Selbstwertgefühl beeinträchtigen und zu sozialem Druck sowie psychischen Problemen führen. Besonders bei Beiträgen von Frauen finden sich unendlich viele verletzende Kommentare – teilweise auch an oder über die Grenze des straffrei Sagbaren. Oft bleibt es nicht bei Kommentaren – Drohungen sind keine Seltenheit.

Dieses Phänomen ist auch in der katholischen Blase zu beobachten. Eigentlich verwunderlich, denn Menschen, die an einen barmherzigen Gott glauben und Nächstenliebe predigen, sollten vielleicht nach moralischeren Maßstäben handeln. "Richtet nicht, damit ihr nicht gerichtet werdet" (Mt 7,1). Diese Aufforderung unterstreicht die Notwendigkeit, mit Mitgefühl und Verständnis, statt mit voreiligen Urteilen auf andere zuzugehen. Auch Jesus und viele, die seinem praktischen Beispiel gefolgt sind, sind insbesondere auf die Menschen zugegangen, die dem ersten Anschein nach nicht den gesellschaftlich anerkannten Normen entsprachen oder von anderen ausgegrenzt wurden.

Diese Perspektive lädt uns ein, Menschen in ihrer Ganzheit zu sehen und ihre individuelle Würde zu respektieren. Indem wir Menschen nicht kategorisieren, sondern als einzigartige Individuen mit vielen Facetten anerkennen und urteilsfrei auf sie zugehen, schaffen wir eine Gesellschaft, die auf Respekt und Liebe basiert. Wir sollten uns bemühen, auch in der Kommentarfunktion in den sozialen Medien, unsere christlichen Maßstäbe als Leitplanken zu sehen und zu leben. Candystorm statt Shitstorm!

Die Autorin

Friederike Frücht leitet die Abteilung Kommunikation der kfd und ist Chefredakteurin der Mitgliederzeitschrift Junia.

Von Friederike Frücht

Hinweis

Der Standpunkt spiegelt ausschließlich die Meinung der jeweiligen Autorin bzw. des Autors wider.