Hilfsorganisation muss Projekte in mehreren Ländern streichen

Caritas: Kürzungen bei humanitärer Hilfe gefährden Sicherheit

Veröffentlicht am 10.07.2024 um 19:12 Uhr – Lesedauer: 

Freiburg ‐ Weltweit benötigen 368 Millionen Menschen humanitäre Hilfe – und die Zahl der Krisen wächst. Caritas international kritisiert die angekündigte Streichung von deutscher Hilfe. Erste Projekte wurden bereits abgesagt.

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Caritas international hat die von der Bundesregierung angekündigten Kürzungen bei humanitärer Hilfe und Entwicklungszusammenarbeit scharf kritisiert. Der Leiter der Hilfsorganisation, Oliver Müller, sprach am Mittwoch in Freiburg von dramatisch falschen Weichenstellungen, humanitärer Verantwortungslosigkeit und geopolitischer Kurzsicht.

"Im Sinne unserer eigenen Stabilität muss uns daran gelegen sein, Krisenländer nicht weiter zu destabilisieren. Humanitäre Hilfe und Entwicklungszusammenarbeit sind bewährte Instrumente deutscher Politik, um auf Frieden, Demokratie und menschliche Sicherheit hinzuwirken", sagte Müller bei der Vorstellung des Caritas-international-Jahresberichts. Globale Krisen würden nicht gelöst, wenn die Mittel für humanitäre Hilfe gekürzt und nur der Verteidigungshaushalt erhöht werde. Nach UN-Berechnungen habe die Weltgemeinschaft 2023 nur 40 Prozent der Gelder aufgebracht, die eigentlich nötig wären, um 368 Millionen Menschen in Not zu unterstützen. Die Schere zwischen Hilfsbedarf und geleisteter Hilfe öffne sich immer weiter.

Am 17. Juli will die Bundesregierung Eckpunkte für den Bundeshaushalt 2025 beschließen. Laut Caritas international zeichnen sich Kürzungen von bis zu 40 Prozent bei humanitärer Hilfe und Entwicklungszusammenarbeit ab. Seit 2022 habe die Bundesregierung die Mittel bereits um 20 Prozent gekürzt, sagte Müller. "Im laufenden Jahr sind mehrere unserer Projektanträge abgelehnt worden. Und wenn die derzeitige Planung von Bundesfinanzminister Christian Lindner umgesetzt wird, dann sinkt die Finanzierung im Jahr 2025 mindestens um weitere 1,6 Milliarden Euro."

Welskop-Deffaa: Humanitäre Hilfe als Akt politischer Verantwortung

Konkret müsse Caritas international voraussichtlich die Nothilfen in der Demokratischen Republik Kongo sowie für Rohingya-Flüchtlinge in Bangladesch stoppen. Zuletzt habe das Auswärtige Amt die Finanzierung eines großen humanitären Hilfsprojektes für die Menschen im Gazastreifen abgelehnt. Ähnliche Entwicklungen gebe es auch bei anderen deutschen Hilfsorganisationen.

Die Präsidentin des Deutschen Caritasverbandes, Eva Maria Welskop-Deffaa, bezeichnete humanitäre Hilfe als einen Akt politischer Verantwortung. "Dass unser Antrag auf Förderung unserer Gaza-Hilfe in Höhe von 4,3 Millionen Euro im Auswärtigen Amt abgelehnt worden ist, ist sehr bitter." Im Sinne einer langfristigen Friedenslösung wäre es unbedingt schon jetzt wichtig, den Menschen im Gazastreifen mit Übergangshilfen und Wiederaufbauprojekten eine Perspektive aufzuzeigen, sagte Welskop-Deffaa.

2023 finanzierte und organisierte Caritas international Hilfs- und Entwicklungsprojekte in 75 Ländern für 7,4 Millionen Menschen. Laut dem Jahresbericht lag der Hilfsetat bei 110 Millionen Euro. Das ist der zweithöchste Wert nach dem Rekordetat 2022 mit 119 Millionen Euro. Insgesamt 228.000 Einzelspender unterstützten die Arbeit von Caritas international. Welskop-Deffaa dankte den Spenderinnen und Spendern: "Es gab und gibt trotz hoher Inflation, trotz gestiegener Energiekosten und trotz wachsender politischer Polarisierung eine großartige Solidarität mit Menschen, die auf diese Solidarität weltweit besonders dringlich angewiesen sind." (KNA)