Vatikan bekräftigt Ablehnung der Erscheinung der "Frau aller Völker"
Das Glaubensdikasterium bekräftigt erneut, dass die angebliche Amsterdamer Erscheinung von Maria als "Frau aller Völker" in den Jahren 1945 bis 1959 von der Kirche nicht als übernatürliches Phänomen anerkannt wird. Am Donnerstag veröffentlichte die Behörde eine Presseerklärung, in der sie die von Papst Paul VI. genehmigte Entscheidung der damaligen Glaubenskongregation öffentlich macht. Die angebliche Erscheinung wurde in allen Punkten mit "constat de non supernaturalite" bewertet, es steht in den Augen der Kirche also sicher fest, dass es tatsächlich keine Marienerscheinung gab. Seit Jahrzehnten wird Maria als "Frau aller Völker" weltweit auf der Grundlage der angeblichen Erscheinungen verehrt, in Amsterdam gibt es einen jährlichen Gebetstag.
In der vom Glaubenspräfekten Víctor Manuel Fernández unterzeichneten Mitteilung heißt es, dass das Dikasterium in den vergangenen Jahren in der Regel keine Entscheidungen zu mutmaßlichen übernatürlichen Phänomenen veröffentlicht habe. Angesichts der "anhaltenden Vorbehalte gegenüber den angeblichen Erscheinungen und Offenbarungen in den Jahren 1945–1959 in Amsterdam und der damit verbundenen Verehrung der 'Frau aller Völker'" veröffentliche das Dikasterium aber nun die Entscheidung, die am 27. März 1974 von der Kongregation getroffen und am 5. April 1974 durch Papst Paul VI. approbiert wurde. "Dies wird hiermit bekanntgegeben, damit das heilige Volk Gottes und seine Hirten die gebührenden Folgen daraus ziehen können", so die Presseerklärung weiter.
Forderung nach einem Dogma "Maria als Miterlöserin"
Bei dem geprüften Phänomen handelt es sich um angebliche Privatoffenbarungen, die die Niederländerin Ida Peerdemann von der Gottesmutter empfangen haben will. Maria sei mit dem Titel "Frau aller Völker" erschienen. Unter anderem teilte sie angeblich mit, dass der Papst ein Dogma verkünden werde, mit dem Maria zur "großen Miterlöserin, Mittlerin aller Gnaden und fürbittenden Allmacht an Gottes Thron vor den Augen aller Völker" erklärt werden würde. Die Anerkennung von Maria als "Miterlöserin" wird seit Jahren in der Theologie kontrovers diskutiert. Vorstöße, diesen Titel offiziell zu approbieren oder zu dogmatisieren, haben die Päpste bislang zurückgewiesen.
Erstmals hatte der damalige Bischof von Haarlem, Johannes Petrus Huibers, 1956 eine Entscheidung in der Sache der "Frau aller Völker" getroffen. Er erlaubte zwar die private Verehrung, untersagte aber eine öffentliche Verehrung, da die Übernatürlichkeit nicht feststehe ("non constat de supernaturalite"). Am 25. Mai 1974 veröffentlichte die Glaubenskongregation eine Notifikation, in der die Entscheidung des Bischofs bekräftigt wurde. Nach eingehender erneuter Prüfung forderte die Kongregation Priester und Laien auf, "jede Propaganda für die angeblichen Erscheinungen und Offenbarungen der 'Frau aller Völker' zu unterlassen". Die laut der nun veröffentlichten Presseerklärung kurz zuvor getroffene Entscheidung, dass feststeht, dass die angebliche Erscheinung nicht echt ist, wurde in dieser Mitteilung nicht erwähnt. In einer Erklärung von 2020 teilte der Bischof von Haarlem-Amsterdam, Johannes Hendriks, mit, dass die Glaubenskongregation 1974 das Urteil über die Nicht-Übernatürlichkeit gefällt hat.
Mehrere Marienerscheinungen in jüngster Zeit bewertet
Der zuständige Bischof und das Glaubensdikasterium unterscheiden die Verwendung des Titels "Frau aller Völker" für Maria, der an sich zulässig ist, vom Glauben an die angeblichen Erscheinungen. "Wenn die Jungfrau Maria unter diesem Titel angerufen wird, müssen Hirten und Gläubige sicherstellen, dass alle Formen dieser Verehrung keinen Hinweis auf angebliche Erscheinungen oder Offenbarungen enthalten, auch nicht implizit", so Hendriks. 2005 hatte die Glaubenskongregation verfügt, dass das angeblich von der Gottesmutter offenbarte Gebet nicht in der ursprünglichen Form verwendet werden darf. Anstelle der Formulierung "Frau aller Völker, die einst Maria war", müsse es "Frau aller Völker, die selige Jungfrau Maria", heißen.
Die Presseerklärung ist bereits die dritte Veröffentlichung von Bewertungen von Marienerscheinungen durch das Glaubensdikasterium innerhalb von wenigen Wochen. Mitte Mai hatte das Dikasterium sein Verfahren zur Prüfung möglicher übernatürlicher Ereignisse reformiert. Ziel ist nun nicht mehr, die Übernatürlichkeit eines Ereignisses definitiv festzustellen. Stattdessen ordnet es die geprüften Ereignisse in verschiedene Kategorien ein, die von einem "Nihil obstat", bei dem der pastorale Wert eines Ereignisses gewürdigt wird, bis zu einem "Prohibetur et obstruatur" reichen, bei dem die kritischen Aspekte überwiegen und an der Verehrung des Phänomens nicht festgehalten werden darf. Außerdem besteht weiterhin die Möglichkeit, definitiv festzustellen, dass ein Phänomen sicher keinen übernatürlichen Ursprung hat. Die erste Entscheidung nach den neuen Normen wurde Ende Juni veröffentlicht. Dabei wurde eine angebliche Marienerscheinungen in der Gemeinde Trevignano nahe Rom als eindeutig nicht übernatürlichen Ursprungs erklärt. Anfang der Woche veröffentlichte das Dikasterium eine positive Bewertung der Erscheinung der "Maria Rosa Mistica", auf deren Grundlage nun der zuständige Bischof von Brescia die nächsten Schritte zur Anerkennung gehen kann. (fxn)