Vermächtnis der Kreuzritter aufgetaucht – hinter Graffiti

Durch Zufall: Sensationsfund in der Jerusalemer Grabeskirche

Veröffentlicht am 16.07.2024 um 11:29 Uhr – Lesedauer: 

Jerusalem ‐ In einem hinteren Korridor im öffentlich zugänglichen Teil der Grabeskirche haben Archäologen aus Österreich und Israel einen aufsehenerregenden Fund gemacht. Die Entdeckung wartet mit Superlativen auf und liefert zudem neue historische Erkenntnisse.

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Ein aufsehenerregender Fund: Archäologen aus Österreich und Israel haben in der Jerusalemer Grabeskirche einen 1149 eingeweihten Kreuzritter-Hochaltar entdeckt. In einem hinteren Korridor in der öffentlich zugänglichen Kirche habe seit unbestimmter Zeit eine nicht weiter beachtete und mehrere Tonnen schwere Steinplatte an einer Wand gelehnt, auf der sich bereits Touristen mit Graffiti verewigt hätten, heißt es in einer Pressemitteilung der Österreichischen Akademie der Wissenschaften (ÖAW) vom Montag. "Als die Platte wegen Bauarbeiten nun umgedreht wurde, offenbarte sie ihr deutlich älteres künstlerisches Erbe: Die auf dieser Seite mit Schleifenornamenten verzierte Platte wurde rasch als die einstmals prachtvolle Frontseite des mittelalterlichen Kreuzritter-Altars identifiziert", heißt es in der Mitteilung. Es handele sich mit einer Breite von mehr als 3,5 Metern dabei um den größten mittelalterlichen Altar, der derzeit bekannt sei.

 "Wir kennen aus dem 16., 17. und 18. Jahrhundert Pilgerberichte über einen prächtigen Marmoraltar in Jerusalem", sagte Historiker Ilya Berkovich laut ÖAW. Der Altar sei jedoch schlagartig wieder aus dem allgemeinen Bewusstsein verschwunden. "Im Jahr 1808 kam es zu einem großen Feuer im romanischen Teil der Grabeskirche", so Berkovich. Seitdem sei der Kreuzritter-Altar nicht mehr dagewesen – zumindest habe man dies lange Zeit angenommen. Für die Historiker sei der Fund eine Sensation: Die Grabeskirche sei ein intensiv erforschtes Bauwerk und die Platte habe sich täglich im Blickfeld tausender Touristen und Pilger befunden. "Dass ausgerechnet an dieser Stelle etwas so Bedeutendes so lange unerkannt herumliegen konnte, kam für alle Beteiligten völlig unerwartet", betonte Berkovich.

Der Fund liefert laut ÖAW neue historische Erkenntnisse. Die spezielle Fertigungstechnik von Marmordekorationen auf dem Hochaltar hätten ausschließlich Kosmaten, Meister im päpstlichen Rom, beherrscht. Nur wenige Kunstwerke dieser Art seien außerhalb Roms bekannt und bisher nur ein einziges außerhalb Italiens, nämlich in der Westminster Abbey, wohin der Papst einen seiner Kosmaten geschickt hatte. Auch der Hochaltar in Jerusalem müsse unter Zutun des Papstes entstanden sein, heißt es in der ÖAW-Mitteilung. "Der Papst würdigte damit die heiligste Kirche der Christenheit", so Berkovich. (cbr)

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