"Wir bleiben – jetzt erst recht"
Was ihn so beschäftigt, ist der Brandanschlag auf das Benediktinerkloster Tabgha am See Genezareth. Um kurz nach 3 Uhr am frühen Donnerstagmorgen hatten die dortigen Mönche und freiwillige Helfer die Flammen entdeckt. Nach knapp 30 Minuten war die Feuerwehr vor Ort. Die südlichen Teile der Klosteranlage mit Büro- und Arbeitsräumen, der Klosterpforte wurden dennoch zerstört.
In Folge des Feuers mussten ein 80-jähriger Mönch und eine 20-jährige Volontärin vorübergehend ins Krankenhaus. An einer Wand fanden Ermittler nach dem Anschlag ein hebräischer Schriftzug mit der Forderung "Falsche Götzenbilder müssen zerschlagen werden". Der Verdacht liegt also nahe, dass hier möglicherweise religiöse Fanatiker am Werk waren.
Anruf von Reuven Rivlin
Reaktionen der Solidarität mit den Mönchen folgten prompt und zahlreich: Der israelische Ministerpräsident Benjamin Netanjahu schaltete den Geheimdienst in die Aufklärung der Vorgänge ein, der israelische Staatspräsident Reuven Rivlin rief persönlich beim Abt der Dormitio-Abtei in Jerusalem an, zu der auch das Kloster in Tabgha gehört. Deutsche Bischöfe und Rabbiner, die gerade Israel besuchten, kamen spontan an den See Genezareth, genauso wie zahlreiche israelische Parlamentarier und Religionsvertreter – seien es Juden, Drusen oder Muslime. "Die Zivilgesellschaft setzt hier ein sehr farbenfrohes Zeichen der Solidarität", sagt Pater Nikodemus. Als Pressesprecher der Dormitio-Abtei, zu der auch das Kloster in Tabgha gehört, muss er seit dem Anschlag außerdem dauernd Presseanfragen beantworten und Interviews geben, um der internationalen Aufmerksamkeit gerecht zu werden.
Doch so sehr sich die Mönche über das Mitgefühl freuen, so groß ist noch der Schock über den Anschlag. "Das ist definitiv eine neue Qualität", erklärt Nikodemus gegenüber katholisch.de. Denn obwohl eine ähnliche Katastrophe bisher gottlob ausblieb: Anfeindungen gegen sie und ihre Einrichtungen sind die Mönche in Israel schon fast gewohnt.
So passiert es in ihrem Alltag es immer wieder, dass andere Menschen in der Öffentlichkeit vor ihnen ausspucken. Und auch Anschläge hat es schon gegeben, wenn auch nur mit geringen Schäden: Im April 2014 waren in Tabgha einige Plätze zerstört worden, die dafür eingerichtet waren, um unter freiem Himmel Gottesdienste zu feiern. Und knapp einen Monat danach, kurz nach dem Papstbesuch in Jerusalem, hatte es schon einmal gebrannt: Dieses Mal in dem Chorraum der Abtei in Jerusalem. Das Feuer war jedoch schnell entdeckt worden und hatte daher keinen größeren Schaden angerichtet.
"Den Worten der Solodarität müssen Taten folgen"
Entsprechend erhoffen sich die Mönche, dass aus dem neuen Angriff nun Konsequenzen gezogen werden: "Wir bedanken uns für die Worte der Solidarität. Aber den Worten müssen auch Taten folgen. Der Anschlag muss schnell aufgeklärt wird", fordert Pater Nikodemus. Denn mit den Mühlen der israelischen Justiz haben die Mönche bisher nicht die besten Erfahrungen gemacht: Sowohl der frühere Anschlag in Tabgha als auch der in Jerusalem sind nach Angaben des Pressesprechers bisher noch nicht aufgeklärt. Zudem fordert er, die Präventionsarbeit zu verbessern: So müsse etwa im israelischen Bildungssystem mehr Wissen über das Christentum vermittelt werden, um möglichen Ressentiments vorzubeugen. Denn schließlich sei der Brand mehr als ein Anschlag auf ein Kloster: "Es ist ein Anschlag auf Religionsfreheit, Demokratie und Menschenwürde", ist Nikodemus Schnabel überzeugt.
Dass die Benediktiner sich aus Tabgha zurückziehen, kommt für sie jedoch keinesfalls infrage: "Wir bleiben – jetzt erst recht", dieses Fazit haben die Mönche schon gezogen. Man wolle sich die primitive Logik der Gewalt nicht aufdrängen lassen: "Wir haben jetzt zwei Möglichkeiten: Entweder wir schotten uns ab oder wir sagen: Wir öffnen uns weiter und lassen Tabgha weiter ein Ort der Begegnung sein", sagt Nikodemus über das Kloster, an dem der Orden unter anderem behinderte Jugendliche betreut.
"Konzept der Offenheit nicht aufgeben"
Ähnlich sieht das auch der Deutsche Verein vom Heiligen Lande, der Besitzer des Klostergeländes in Tabgha ist und dort auch ein großes Pilgerhaus unterhält: "Das Grundkonzept der Offenheit darf nicht aufgegeben werden", sagt Pressesprecherin Tamara Häußler-Eisenmann. Für sie ist klar, dass die zerstörten Teile des Klosters, das erst 2012 in der jetzigen Form eingeweiht wurde, wieder aufgebaut werden müssen. Dass auf einen "Ort der Freiheit und Toleranz" ein solcher Anschlag verübt wurde, dürfe nicht das letzte Wort sein.