O'Malley-Nachfolger: War geschockt von Ernennung
Den neuen Erzbischof von Boston, Richard G. Henning (59), hat seine Ernennung durch Papst Franziskus aus heiterem Himmel getroffen. "Ich war zutiefst schockiert und überrascht", sagte Henning bei einer Pressekonferenz am Montag in Boston. Als der Apostolische Nuntius in den USA, Kardinal Christophe Pierre, ihn anrief und ihm die Nachricht überbrachte, habe er sich zunächst setzen müssen. Anschließend habe er drei Minuten gebraucht, um zu antworten.
Seine ersten Gedanken hätten den Menschen in Rhode Island gegolten, sagte Henning weiter. Er war erst seit gut einem Jahr als Bischof von Providence im Amt, dessen Territorium deckungsgleich mit dem Bundesstaat ist. "Das war der schwierigste Teil für mich."
"Bin ein Hirte und kein Politiker"
Als seine erste Aufgabe als Erzbischof von Boston sieht er "ein Zuhörer zu sein und zu verstehen". Er bezeichnete sich selbst in erster Linie als "einen Sünder, der der Gnade bedarf". Auf die Frage, wie er die Rolle des Bischofs in den politischen Kontroversen in den USA sehe, betonte Henning, dass er sich nicht als Aktivist sehe. "Meine Haltung in Providence war, dass ich ein Hirte bin und kein Politiker." Im Blick auf die anstehende Präsidentenwahl sagte er, seine Rolle sei, zur Gewissensbildung beizutragen, ohne sich zu politischen Kandidaten zu äußern oder den Katholiken zu sagen, wen sie unterstützen sollten.
Zur Aufarbeitung des sexuellen Missbrauchs durch Geistliche sagte Henning, dass er sich immer den Schmerz und die Verwundung der Opfer anhören werde. "Die Betroffenen verdienen ein offenes Ohr. In gewisser Weise haben sie genauso viel vom Evangelium zu verkünden wie wir."
Henning folgt als Erzbischof von Boston auf Kardinal Sean Patrick O'Malley, dessen Amtsverzicht Papst Franziskus am Montag annahm. O'Malley, seit 2003 im Amt, hatte am 29. Juni sein 80. Lebensjahr vollendet und damit sein Papstwahlrecht verloren. Das übliche Pensionsalter für Bistumsleiter liegt bei 75 Jahren. O'Malley erarbeitete sich in seiner Amtszeit den Ruf als entschlossener Aufklärer des Missbrauchsskandals, von dem das Erzbistum Boston besonders betroffen ist. Zudem ist er erster Präsident der 2014 gegründeten päpstlichen Kinderschutzkommission und somit oberster Beauftragter der katholischen Kirche im Kampf gegen den Missbrauch von Minderjährigen und schutzbedürftigen Erwachsenen. Bis Papst Franziskus einen Nachfolger ernennt, soll O'Malley auf diesem Posten bleiben. (mal)