Demonstrationen gegen Asylbewerberheim in Sachsen

Bischof Koch kritisiert Proteste

Veröffentlicht am 24.06.2015 um 11:24 Uhr – Lesedauer: 
Flüchtlinge

Dresden/Freital  ‐ In Freital bei Dresden gibt es seit Wochen Proteste gegen Flüchtlinge, die in einem früheren Hotel untergebracht sind. Der künftige Berliner Erzbischof Heiner Koch rügte die ausländerfeindlichen Demonstrationen.

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"Ich habe kein Verständnis dafür, wenn verängstigten Flüchtlingen Aggression entgegenschlägt", sagte Koch, der noch bis September Bischof von Dresden-Meißen ist, am Dienstagabend. Er rief die Asylkritiker auf, mit ihren Bedenken zu den Politikern zu gehen, aber nicht vor ein Asylheim: "Man sollte sich vor Augen halten, wie verletzend es für diese teils traumatisierten Menschen in Not ist, wenn sie mit solch einem Hass konfrontiert werden."

Schon am Montagabend hatte es vor dem ehemaligen Hotel "Leonardo" Proteste gegen die Unterbringung von Flüchtlingen gegeben, nachdem die örtliche Behörde erklärt hatte, in der Unterkunft bis zu 280 Plätze für die Erstaufnahme von Asylbewerbern einzurichten. Bislang waren dort vom Landkreis etwa 100 Flüchtlinge untergebracht. Rassistische Aufmärsche gegen die Unterkunft fänden aber bereits seit Anfang März jeden Freitag statt, erklärte die örtliche Linken-Wahlkreisabgeordnete Verena Meiwald am Dienstag. Die Wahl der Stadt als Standort für die Erstaufnahme zeige, wie wenig sensibel das Innenministerium vorgehe. Freital gilt als Hochburg der selbst ernannten "Patrioten gegen die Islamisierung des Abendlandes".

Bischof Heiner Koch bei einer Pressekonferenz
Bild: ©Markus Kremser/katholisch.de

Bischof Heiner Koch hat kein Verständnis dafür, "wenn verängstigten Flüchtlingen Aggression entgegenschlägt".

Augenzeugen berichteten von einer aufgeheizten Stimmung. Im Internet wurde teils unverhohlen zu Hetze und Gewalt gegen die Asylbewerber aufgerufen. Am Dienstag musste die Polizei dann Protestler und Gegendemonstranten trennen, die sich immer wieder lautstark gegenseitig als "Nazis" oder "Linksfaschisten" beschimpften. Zu größeren Zwischenfällen kam es aber nicht. Am späten Abend zogen sich die Gegner der Flüchtlingsunterkunft schließlich zurück. Auch die Gegendemonstration löste sich größtenteils auf. Nur eine Handvoll Menschen blieb am Heim zurück, um es nach eigenen Angaben gegen Angriffe "der Rechten" zu schützen.

Innenminister Ulbig weist Vorwürfe zurück

Politiker von Linken, SPD und Grünen äußerten sich besorgt über die Proteste. Besonders erschreckend sei die Stimmungsmache, die Pegida in Freital betreibe, meinte der stellvertretende Vorsitzende der SPD-Landtagsfraktion, Henning Homann. Linke und Grüne warfen der schwarz-roten Staatsregierung Sachsens Missmanagement vor. Innenminister Markus Ulbig (CDU) habe die Erstaufnahme nicht im Griff und gefährde Flüchtlinge, erklärte die Linken-Migrationsexpertin Juliane Nagel.

Ulbig wies die Vorwürfe zurück und rechtfertigte die Unterbringung: "Mit der Einquartierung in Freital können Flüchtlinge aus Zelten herausgebracht werden", erklärte der Minister. "Ausländerfeindliche oder populistische Parolen Einzelner dürfen nicht die Verantwortung unserer Gesellschaft für eine vernünftige und anständige Unterbringung infrage stellen." Die Vorgänge in Freital bezeichnete er als beschämend. (bod/KNA/dpa)

Die Realität sieht anders aus.

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