Pater Christoph Kreitmeir über das Sonntagsevangelium

Sehnsucht nach Klarheit: Wie wir schwere Entscheidungen treffen

Veröffentlicht am 24.08.2024 um 12:15 Uhr – Lesedauer: 
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Ingolstadt ‐ Es ist die Zeit der Wahlkämpfe: Wer wird US-Präsident? Wie gehen die Landtagswahlen aus? Auch Jesu Jünger mussten sich immer wieder klar entscheiden, schreibt Pater Christoph Kreitmeir – der selbst bereits vor schweren Entschlüssen stand.

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In Zeiten von politischen Wahlkämpfen, sei es hier bei uns in Deutschland gerade bei Landtagswahlen oder in den USA bei der Wahl des nächsten Präsidenten oder der nächsten Präsidentin geht es nicht selten hitziger, pointierter und schärfer zugespitzt zu als im normalen Alltagsgeschäft. Das Herausstellen von unterschiedlichen Positionen ist wichtig, um sein Programm klarer darzustellen. Auch, wenn dies nicht selten übertrieben wird, es kann helfen, selbst zu klareren Entscheidungen zu finden.

In der Gefolgschaft von Jesus gibt es auch das alltägliche Mitgehen und dann besondere Zeiten der klar geforderten Entscheidung. Jesus spitzt seine Botschaft und wie er sie vorlebt zu und fordert seine Jünger somit zu eindeutigem Farbebekennen. Dabei ist seine Betonung der Geistdimension die entscheidende: "Der Geist ist es, der lebendig macht; das Fleisch nützt nichts. Die Worte, die ich zu euch gesprochen habe, sind Geist und sind Leben." (Joh 6, 63)

Vieles von dem, was Jesus redet und tut, bringt Menschen zum Staunen, zum Bewundern und einige auch zum Nachfolgen. Das Bewundern und Staunen vergeht mit der Zeit, die Nachfolge kann schwierig werden, weil sie ans Eingemachte geht. Da wird es Zeiten geben, wo man mehr und mehr spürt, Nein, das ist nicht meins oder Ja, das will ich. Je nachdem wird man sich pro oder contra Weitergehen entscheiden.

Jeder von uns kennt das in seinem Leben und in seinem Christsein. Wenn es einem hart angeht mit Entscheidungen, dann geht man durch ein Nadelöhr, man sucht nach Entscheidungshilfen und Unterstützungen. Die Jesuiten haben sich im Gefolge des hl. Ignatius von Loyola zu Spezialisten der Entscheidungsfindungen entwickelt. Die berühmten Exerzitien bringen Klarheit in so manche schmerzlich verfahrene Lebenssituation.

Ich selbst musste vor vielen Jahren durch so ein Nadelöhr, das sehr schmerzlich war. Es ging um mein persönliches Leben und meine Nachfolge Christi. Gott sei Dank – ich meine das wortwörtlich – gab es einen Mitbruder, der meine innere Not erkannte und mir das Büchlein "Sich entscheiden" des früheren Jesuitenprovinzials Stefan Kiechle schenkte. Während des Lesens klärten sich die Nebel des Nicht-mehr-weiter-wissens auf und ich wagte den Sprung in eine wichtige Lebensentscheidung, die mir wieder Geist und Leben brachte. Zu den Kriterien richtiger Entscheidungen gehören u. a. folgende wichtige:

  • Entscheide nicht, wenn du mitten in einer Krise bist
  • Suche in allem den größeren Trost und die größere Frucht
  • Folge deiner Sehnsucht
  • Akzeptiere und beachte deine Grenzen

Die Sehnsucht der Jünger, die bei Jesus blieben, erfüllte sich in deren Worte: "Herr, zu wem sollen wir gehen? Du hast Worte des ewigen Lebens. … Du bist der Heilige Gottes." (Joh 6, 68-69) Und das gab ihnen im Laufe der Zeit den größeren Trost, die größere Frucht und den tieferen Sinn.

Aus dem Evangelium nach Johannes (Joh 6, 60–69)

In jener Zeit sagten viele der Jünger Jesu, die ihm zuhörten:
Diese Rede ist hart.
Wer kann sie hören?
Jesus erkannte, dass seine Jünger darüber murrten,
und fragte sie: Daran nehmt ihr Anstoß?
Was werdet ihr sagen,
wenn ihr den Menschensohn aufsteigen seht,
dorthin, wo er vorher war?
Der Geist ist es, der lebendig macht;
das Fleisch nützt nichts.
Die Worte, die ich zu euch gesprochen habe,
sind Geist und sind Leben.
Aber es gibt unter euch einige, die nicht glauben.
Jesus wusste nämlich von Anfang an,
welche es waren, die nicht glaubten,
und wer ihn ausliefern würde.
Und er sagte: Deshalb habe ich zu euch gesagt:
Niemand kann zu mir kommen,
wenn es ihm nicht vom Vater gegeben ist.
Daraufhin zogen sich viele seiner Jünger zurück
und gingen nicht mehr mit ihm umher.
Da fragte Jesus die Zwölf: Wollt auch ihr weggehen?
Simon Petrus antwortete ihm: Herr, zu wem sollen wir gehen?
Du hast Worte des ewigen Lebens.
Wir sind zum Glauben gekommen
und haben erkannt: Du bist der Heilige Gottes.

Der Autor

Der Franziskanerpater Christoph Kreitmeir arbeitet in der Klinikseelsorge am Klinikum Ingolstadt, in der Erwachsenenbildung und bei Lebenshilfesendungen im Radio Horeb.

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