Ein Haus voll Glorie bauet
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Eine Kirche architektonisch zu gestalten ist eine komplizierte Sache. Es müssten die Funktionen der einzelnen Orte und Mitwirkenden hinterfragt werden, sagt Gatz: Wie soll die Stellung des Priesters zur Gemeinde sein? Soll die Gemeinde den Altar umrunden? Oder bietet sich eher eine "Weggestaltung" der Kirche an? Dann nämlich werden verschiedene "Stationen" angelegt: Am Eingang der Taufstein, weiter vorne der Altar und dann das Kreuz, an den Seiten die Gemeinde.
"Natürlich müssen auch immer die Raumproportionen mitbedacht werden", sagt der Architekt. Hohe, niedrige oder "wachsende" Räume hätten jeweils andere Anforderungen, die berücksichtigt werden müssten. "Bei der Neugestaltung einer Kirche muss man sich auch mit dem Bestand auseinandersetzen", sagt der erfahrene Architekt. In der katholischen Kirche "Mariä Geburt" im fränkischen Lohndorf hat er etwa den alten Taufstein aus einer Wand herausgenommen und im Altarraum frei aufgestellt.
"Mariä Geburt" ist eine gotische Hallenkirche, die später vom Barock beeinflusst wurde. Christoph Gatz hat sie neu gestaltet. Auch neue Kirchenbänke aus Holz gehören dazu. Warum gerade Holz? "Niemand sitzt gerne auf Stein", sagt Gatz. Der Altar dagegen ist aus dem kühlen Material gefertigt - dies war eine Vorgabe des Erzbistums Bamberg, wie der Architekt erläutert. "Es ist beispielsweise auch vorgeschrieben, wie groß die Altarplatte sein darf."
Wie die einzelnen Gotteshäuser gestaltet sind, liegt auch in der Geschichte ihrer Religion und Konfession begründet. In der vorchristlichen Zeit galten Tempel als Wohnungen Gottes - so durften selbst Hohepriester nur einmal im Jahr den innersten Raum des Tempels betreten. Die Gläubigen standen in einem Vorhof und beteten dort. Erst nach und nach wandelten die "Gotteshäuser" sich in Versammlungsräume für die Gläubigen.
Im Vergleich zu katholischen Kirchen sei man bei der Gestaltung protestantischer Gotteshäuser viel freier, sagt der Architekt Gatz. Das zeigt sich etwa bei der evangelischen "Matthäuskirche" im fränkischen Buttenheim, die er mit seinem Team auf freier Fläche neu gebaut hat. Die Pfarrei habe zunächst ein Gemeindehaus gewollt, "auch zum Tischtennisspielen". Erst nach und nach habe sich der Raum dann zu einem Sakralraum entwickelt.
Gatz erzählt von der spannenden Planungsphase des Projektes: "Auf einmal kam jemand, der wollte einen Glockenturm spenden. Dann haben wir eben noch einen Glockenturm gebaut." So habe sich das Gebäude erst während der Konzeption zu einer "richtigen Kirche" entwickelt - und Tischtennis werde dort nun nicht mehr gespielt.
Ebenfalls wichtig beim Bau einer Kirche ist die Lichtgestaltung. Eine Kirche, die am Wochenende nicht ihre Türen öffnet, aber in diesem Zusammenhang exemplarisch ist, ist die neue "Propsteikirche St. Trinitatis" in Leipzig. Hier wird ganz besonders mit Licht gespielt. Auf die Altarrückwand fällt indirektes Tageslicht - die Augen des Betrachtenden werden dadurch sofort nach vorne auf das große Kreuz gelenkt.
Auf der gegenüberliegenden Seite des Kreuzes wurde in gleicher Größe und Form der Beton in der Wand ausgespart - so befinden sich in St. Trinitatis zwei Kreuze: Eines, das durch Tageslicht in den Fokus gerückt wird und eines, das aus reinem Tageslicht besteht. Die Arbeit des Kirchenarchitekten beschränkt sich jedoch nicht nur auf die Optik: "Schallwellen müssen reflektiert oder absorbiert werden", erklärt Gatz. "Darauf müssen wir ebenfalls achten."
Mit der Frage, ob er eine Lieblingskirche habe, tut Gatz sich schwer. "Es gibt so viele schöne Kirchen", sagt er. Nach einigem Überlegen fällt ihm dann doch noch ein Bau ein, den er herausheben möchte: Die Basilika Vierzehnheiligen in Bad Staffelstein zwischen Coburg und Bamberg. Gatz gerät sofort ins Schwärmen und zeigt, wie faszinierend Architektur sein kann: "Eine solche Raumschöpfung, in der barocke Lebensfreude und Verehrung gleichsam deutlich werden - das ist einmalig."