Zeitung: Missbrauchstäter wurden auf Pazifik-Inseln versetzt
Laut Recherchen der "New York Times" haben Inselstaaten im Pazifik über Jahrzehnte als Einsatzorte für Missbrauchstäter aus westlichen Ländern gedient. Betroffenen seien vor allem die Länder Fidschi, Kiribati, Samoa und Papua-Neuguinea, heißt es in der Freitagsausgabe der US-amerikanischen Zeitung. Nach Papua-Neuguinea, das Papst Franziskus im Rahmen seiner Asien-Reise von heute bis Montag besucht, wurden in den vergangenen Jahrzehnten mindestens zehn Priester und Missionare versetzt, die erwiesen oder wahrscheinlich Missbrauch begangen haben. Die "New York Times" bezieht sich dabei eigenen Angaben zufolge auf Gerichtsakten, Regierungsinformationen, Betroffenenberichte und Angaben von kirchlichen Verantwortlichen.
Die Versetzung von kirchlichen Tätern aus Ländern wie Australien, Großbritannien, Neuseeland und den USA auf entlegene Inselstaaten im Pazifischen Ozean scheint dabei zu einem System von Missbrauchsvertuschung gehört zu haben. In den vergangenen Jahrzehnten wurden wenigsten 24 Priester und Missionare in andere Länder des Pazifikraums als Papua-Neuguinea versetzt. In mindestens 13 Fällen waren die Geistlichen des Missbrauchs angeklagt oder waren bereits verurteilt. Auf diese Weise wurden die Kleriker einer weiteren Strafverfolgung entzogen, da Polizei und Justiz ihrer Herkunftsländer kaum Einfluss auf die entlegenen Inseln hatten. Diese Versetzungspraxis führte dazu, dass einige Täter weiterhin Missbrauch begehen konnten, da die Mitglieder der Pfarreien über die Vergehen der Priester nicht informiert wurden.
"Wir versetzen Pädophile in die ärmsten Länder der Welt"
Die Pazifik-Inseln seien "Deponien" für Missbrauchspriester gewesen, zitiert die Zeitung Michelle Mulvihill, eine ehemalige Ordensfrau und Psychologin, die die australische Kirche zum Thema Missbrauchsprävention berät. "Wir versetzen Pädophile und Päderasten in die ärmsten Länder der Welt", so Mulvihill. Die Kirche habe sich nicht mit Missbrauch beschäftigen wollen und die Täter daher "ausrangiert". Für die Betroffenen von Missbrauch sei es ein schwerwiegendes Problem, dass sie auf den entlegenen Inseln keine Spezialisten in der Nähe hätten, die ihnen bei der Aufarbeitung und Bewältigung ihres Leids helfen könnten, so Felix Fremlin, der auf Fidschi Opfer eines Missbrauchspriesters wurde und ein Betroffenennetzwerk koordiniert. "Die einzige Hilfe erfahren wir nur, wenn wir uns zusammensetzen und miteinander sprechen."
Auch in anderen kirchlichen Zusammenhängen stellten sich internationale Versetzungen von Priestern und Ordensleuten, die Missbrauch begangen hatten, als Teil einer kirchlichen Strategie zur Vertuschung heraus. In Deutschland spielten etwa die weltweit wirkenden Hilfswerke, wie Adveniat, eine große Rolle dabei. So wurden deutsche Geistliche als sogenannte "Fidei-Bonum-Priester" bewusst auf andere Kontinente versetzt, um sie dem Zugriff der deutschen Justiz zu entziehen. (rom)