An den Freikirchen führt in der Ökumene kein Weg mehr vorbei
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Woran denken Sie bei dem Schlagwort "Ökumene"? Vielleicht tauchen Bilder des letzten Ökumenischen Kirchentags vor Ihrem inneren Auge auf. Einige begehen jährlich den Pfingstmontag in ökumenischer Tradition. Andere werden sich an die ökumenischen Schulgottesdienste der Kinder erinnern. Was alle diese Veranstaltungen gemeinsam haben? Sie werden von der evangelischen und katholischen Kirche organisiert. Freikirchen? (Fast immer) Fehlanzeige.
So ähnlich erging es auch mir letzte Woche, als ich an einer Tagung in Hamburg zum Thema "Sinti, Roma und Kirchen" teilnehmen durfte. Der Veranstaltungsort war einzigartig: Bei der Jerusalem-Kirche handelt es sich um ein Gotteshaus presbyterianischer Provenienz, das heute als Personalgemeinde ohne Pfarrbezirk in der evangelischen Nordkirche liegt, ohne darin aufzugehen. Eine große Anzahl der Teilnehmer kam aus Freikirchen. Wer aber war kirchlich vertreten? Ausschließlich die evangelische und katholische Kirche.
Auch im Alltag geht diese althergebrachte Rechnung nicht mehr auf: Während die sogenannten "großen Kirchen" immer mehr Mitglieder verlieren, wachsen die Freikirchen. Kaum jemand, der heute keine freikirchliche Person im Bekanntenkreis hat. Sind wir auf diese Veränderungen in der bundesrepublikanischen Glaubenslandschaft kirchlich, theologisch und persönlich vorbereitet?
Ökumenischer Dialog wird hier kein Zuckerschlecken: Gänzlich andere Organisationsstrukturen erschweren die Kooperation. Religiöse Differenzen können unüberbrückbar wirken. Vor allem aber scheint dort, wo anderen vielfach das Christsein abgesprochen und gar Mission betrieben wird, die ökumenische Gesprächsgrundlage zu fehlen. Das können emotionale und vielleicht sogar frustrierende Begegnungen werden. Aber hatten wir das nicht schon einmal?
Es ist noch nicht lange her, da verband die evangelische und die katholische Kirche in Deutschland vor allem die gegenseitige Abneigung miteinander. Mit den "Ketzern" oder "Heiden" wollte man möglichst wenig zu tun haben. Konfessionsverbindende Ehen waren verpönt. Jahrzehnte beharrlicher ökumenischer Basisarbeit engagierter Christgläubiger beider Konfessionen haben uns dahin gebracht, wo wir heute stehen. Diesen Erfahrungsschatz gilt es zu nutzen für die neuen ökumenischen Herausforderungen unserer Gegenwart.
Die Autorin
Valerie Judith Mitwali ist Redaktionsmitarbeiterin bei katholisch.de und promoviert an der Ruhr-Universität Bochum in systematischer Theologie.
Hinweis
Der Standpunkt spiegelt ausschließlich die Meinung der jeweiligen Autorin bzw. des Autors wider.