Pflichtverletzungen der Bistumsleitungen – hohes Dunkelfeld

Studie: Mindestens 400 Missbrauchsbetroffene im Bistum Osnabrück

Veröffentlicht am 02.10.2024 um 10:50 Uhr – Lesedauer: 

Osnabrück ‐ 122 verdächtige Kleriker, mehr als 400 Betroffene: Eine neue Studie beleuchtet das erschütternde Ausmaß sexualisierter Gewalt im Bistum Osnabrück. Beim Umgang mit Betroffenen erkennt sie weiterhin Defizite.

  • Teilen:

Nach gut dreijähriger Arbeit haben Forscher am Mittwoch eine Studie zu sexualisierter Gewalt im Bistum Osnabrück vorgestellt. Von 1945 bis zur Gegenwart ermittelten sie 122 Priester und Diakone, denen Gewalt an 349 Betroffenen vorgeworfen wird, wie die Universität Osnabrück mitteilte. Zu mindestens 60 weiteren Betroffenen lägen konkrete Hinweise vor. Somit sei eine Mindestzahl von über 400 Betroffenen als gesichert anzunehmen.

Darüber hinaus gehen die Forscher von einem hohen Dunkelfeld aus. Die vorgeworfenen Taten umfassten das gesamte Spektrum sexualisierter Gewalt – von Distanzverletzungen bis hin zu schweren Sexualstraftaten.

Bistum hat seine Pflichten verletzt

Der Abschlussbericht der Studie bestätige die Ergebnisse zu den Pflichtverletzungen der Bistumsleitungen, hieß es weiter. Diese hatten die Wissenschaftler bereits in einem Zwischenbericht im September 2022 festgestellt. Das Bistum habe seine Pflichten, Maßnahmen gegen verdächtige Kleriker zu ergreifen über lange Zeit erheblich verletzt. In der jüngsten Zeit, vor allem nach Vorstellung des Zwischenberichts, sehen die Forscher jedoch Verbesserungen. Der Pflicht, den Betroffenen zu helfen, sei das Bistum hingegen bis in die jüngste Vergangenheit nicht nachgekommen.

Leistungen an Betroffene zu gering

"Es ist im Bistum Osnabrück eine Lernkurve erkennbar, die nach oben zeigt", erklärte Projektleiter Hans Schulte-Nölke. "Jedoch bleiben die an Betroffene erbrachten Leistungen noch hinter dem zurück, was die staatlichen Gerichte in klaren Fällen zusprechen würden", so der Rechtswissenschaftler.

Die Studie war im Frühjahr 2021 vom Bistum bei der Universität Osnabrück in Auftrag gegeben worden. Die Präsentation der Zwischenergebnisse 2022 war ein wesentlicher Grund für den vorgezogenen Rücktritt des langjährigen Bischofs Franz-Josef Bode im März 2023.

Zu den Abschlussergebnissen will die Bistumsleitung um den neuen Bischof Dominicus Meier nächste Woche Stellung nehmen. Zum Bistum Osnabrück gehören gut 500.000 Katholiken im westlichen Niedersachsen und in Teilen Bremens. (KNA)