Benediktiner Werlen: Zölibat in seiner jetzigen Form überdenken
Der Benediktiner Martin Werlen hat sich dafür ausgesprochen, den priesterlichen Pflichtzölibat zu überdenken. "Wollen zölibatär lebende Menschen das Wort Gottes glaubwürdig verkünden, dürfen sie nicht allein leben. Daran gibt es nichts zu rütteln", schreibt der ehemahlige Einsiedelner Abt in einem Gastbeitrag für die Zeitschrift "Christ in der Gegenwart" (Aktuelle Ausgabe). "Der Pfarrer allein im Pfarrhaus – diese heute an vielen Orten übliche Lebensform gibt es noch nicht lange und es darf sie nicht mehr länger geben." Der alleinlebende Priester werde heute oft als Ideal angesehen und verteidigt, widerspreche allerdings dem Wort Gottes aus dem Schöpfungsbericht: "Es ist nicht gut, dass der Mensch allein ist." (Gen 2,18) Auch Jesus oder Paulus hätten nicht allein gelebt.
Dies spreche nicht gegen ein zölibatäres, aber gegen ein vereinsamtes Leben, so der Ordensmann. "Immer dort, wo ein Mensch vereinsamt, geschieht nicht Gottes Wille. Ein solcher Lebensstil tendiert dazu, Früchte zu tragen, die niemandem guttun." Werlen war von 2001 bis 2013 Abt im Kloster Einsiedeln in der Schweiz. Seit 2020 ist er Propst in der Propstei St. Gerold in Vorarlberg in Österreich, die zum Kloster Einsiedeln gehört. Als "Einsiedler in der Propstei" erfahre er selbst, wie schwierig es sei, allein zu leben. "Ich bin herausgefordert, diese Lebensform auf eine solche Weise zu pflegen, dass Gottes Wort nicht unerhört bleibt."
Aufgrund seiner räumlichen Distanz zur Klostergemeinschaft suche er nach anderen Formen des Miteinanders. So treffe er einmal in der Woche zwei Mitbrüder, die auch in Vorarlberg im Einsatz seien, die Mitarbeitenden bildeten ebenfalls ein starkes Team. Außerdem erwähnte Werlen seine "Freundschaft mit einer Familie aus Syrien, mit der ich größte Schwierigkeiten und zutiefst berührende Momente teilen darf", Gäste der Propstei und "ein paar wenige tiefe Freundschaften, die guttun". (cbr)