Betroffenen-Verbände kritisieren Verfahren bei Missbrauch in Kirche
Vor dem Treffen der Kommissionen zur Aufarbeitung von sexuellem Missbrauch in den 27 deutschen (Erz-)Bistümern am Dienstag in Frankfurt kommt Kritik von Betroffenen-Verbänden. Für die Aufarbeitung seien mehr Transparenz, eine Begründungspflicht der Anerkennungsbescheide und eine sensible Erinnerungskultur notwendig, forderte der bundesweite Zusammenschluss der Betroffenenbeiräte am Montag.
Das Handeln der Aufarbeitungskommissionen und der Unabhängigen Kommission für Anerkennungsleistungen (UKA) müsse nachvollziehbarer und die Teilhabe Betroffener möglich sein. Auch müssten diese Zugang zu relevanten Dokumenten bekommen. Zudem müssten Anerkennungsbescheide begründet werden. Nur dies mache sie nachvollziehbar und könne Grundlage sein für ordnungsgemäße Widersprüche.
Karte der Tatorte
Auch eine Karte der Orte, an denen Missbrauch stattfand, könnte nach Ansicht der der Betroffenenbeiräte ein Teil aktiver Aufarbeitung sein und gesellschaftliche Auseinandersetzungen fördern. Straßen, Plätze oder Institutionen, die nach Tätern benannt wurden, müssten umbenannt werden. Ebenso sei der Umgang mit Kunstwerken oder mit Musik von Tätern zu hinterfragen.
Kritik kommt auch von der Betroffenen-Initiative "Eckiger Tisch": "Neben der weiterhin notwendigen unabhängigen Aufklärung und Aufarbeitung brauchen die Opfer nach fast 15 Jahren endlich eine angemessene Entschädigung", forderte Sprecher Matthias Katsch. Ein Gremium außerhalb der Kirche müsse dabei über die Höhe der Zahlungen entscheiden, fügte er hinzu. Betroffene müssten die Möglichkeit haben, in einem solchen Gremium angehört zu werden und eine Begründung für die Höhe der Zahlungen zu erhalten.
Schwierige Verhandlungen
Insgesamt sei die Situation schwierig, so Katsch weiter: "Die Kirche nutzt juristischen Spielraum im bürgerlichen Zivilrecht im Abwehrkampf gegen höhere Entschädigungszahlungen aus." Die Folgen seien oft "Retraumatisierungen, weitere Abkehr von der Kirche und Hoffnungslosigkeit". Die Kirche wolle sich oft auch nicht auf Verhandlungen mit Betroffenen einlassen. Katsch kritisierte Bistümer, die auf Verjährung pochen, sowie Verfahren, in denen die Amtshaftung der Kirche für Täter infrage gestellt wird: "Die Anwälte der Kirche bezweifeln selbst in Fällen, in denen sie den Opfern bereits Leistungen angeboten und gezahlt haben, dass die Taten überhaupt stattgefunden haben, oder leugnen den Zusammenhang zwischen den Verbrechen und den Folgen im Leben der Opfer."
Es gebe aber auch positive Beispiele. So werde der Umgang Verantwortlicher mit Betroffenen im Bistum Speyer häufig gelobt, ergänzte Katsch. Und einzelne Bistümer wie Münster räumten die Möglichkeit ein, sich anwaltlich beraten zu lassen, um Anträge an die Aufarbeitungskommissionen zu stellen. Diese Kosten würden übernommen. Die Deutsche Bischofskonferenz (DBK) kündigte auf Anfrage an, sie wolle sich in den nächsten Tagen zu dem Thema äußern. (KNA)