Wunsch nach konkreten Beschlüssen bei Weltsynode wächst
"Das Vortragen theologischer Allgemeinplätze ist seltener geworden. Man kommt rascher auf den Punkt!" Mit diesen Worten fasst eine Synodenteilnehmerin den Unterschied zwischen der ersten und der zweiten Vollversammlung der Weltsynode der katholischen Kirche zusammen, die seit dem 2. Oktober im Vatikan tagt. Aber werden die rund 320 Männer und rund 45 Frauen anders als im Oktober 2023 diesmal zu konkreten Beschlüssen kommen?
Die Journalistenfrage löst herzliches Lachen aus: "Natürlich werden wir das. Oder meinen Sie, wir könnten heimreisen und berichten, dass es schön war, vier Wochen miteinander gesprochen und gebetet zu haben?" Der Weg, wie es zu diesen Beschlüssen kommt und was am Ende in die "Vorschlagsliste" der Synode an den Papst aufgenommen wird, ist jedoch nicht nur für Außenstehende unübersichtlich und streckenweise rätselhaft.
Keine Debatten wie im Parlament
Medienbeobachter erfahren nur indirekt, wie die Sitzungen verlaufen. Es handelt sich dabei – soviel ist sicher – nicht um Debatten wie im anglikanischen Kirchenparlament oder beim Synodalen Weg in Deutschland.
Bei den Generalversammlungen tragen fünf Redner das vor, was sie für wichtig halten, danach wird meditiert, dann geht es weiter. Manchmal gelingt durch klug abgesprochene Redeabfolgen eine thematische Fokussierung. Und dann unterstreicht die Zahl der Redebeiträge zu bestimmten Themen deren Dringlichkeit. Das unter anderem für die Frage der Frauenämter in der Kirche und für den Umgang mit sexuellen Minderheiten – aber auch für das offizielle Thema der Synode, die "Beteiligung des Volkes Gottes an Entscheidungsprozessen."
Die Gespräche an den Tischen laufen anders. Zwar gelten auch hier die Regeln des respektvollen Zuhörens, doch berichten Teilnehmer von gelegentlich "sehr deutlichen" Erwiderungen. Die Tische sind nach Sprachen zusammengesetzt – wobei Deutsch inzwischen keine offizielle Konferenzsprache im Vatikan mehr ist.
Das bringt für einige Teilnehmer aus dem deutschen Sprachraum, die weder Italienisch noch Spanisch sprechen können, Nachteile. Wenn sie im Plenum auf Englisch zu reden versuchen, ist es eher unwahrscheinlich, dass der wenig sprachenbegabte Papst ihnen folgen kann. Er lauscht fast nie der Simultanübersetzung und nimmt daher vermutlich nur jene Beiträge wirklich wahr, die in einer seiner Muttersprachen vorgetragen werden. Immerhin ist das Synodensekretariat polyglott aufgestellt, so dass nicht nur die in romanischen Sprachen vorgetragenen Ideen den Weg ins Abschlussdokument finden können.
Druck rechter "Pressure-Groups" zurückgegangen
Neben den Sprachen sorgen Kulturen und kirchenpolitische Neigungen für die Bildung von Blöcken. Anders als früher träten die oft konservativen Teilnehmer aus Osteuropa weniger abwehrend auf und zeigten mehr Bereitschaft, auch liberalere Meinungen stehen zu lassen, die sie vor einem Jahr noch als "häretisch" bekämpft hätten, heißt es. Auch sei der Umgang mit den in italienischen Medien als "ultraliberal" bezeichneten Deutschen unverkrampfter.
Zurückgegangen sei der Druck von "Pressure-Groups" am rechten Rand, die früher die Brieffächer der Teilnehmer mit Zettelbotschaften geflutet hätten. Und bei den Veranstaltungen am Rand der Synode dominieren diesmal klar die Reformer.
Im Plenum treten, so wird berichtet, die Bischöfe aus Afrika sehr selbstbewusst auf. Sie haben mit ihrem Aufstand gegen das Segnungspapier "Fiducia supplicans" im Dezember 2023 Maßstäbe gesetzt. Selbst Synodale, die in der Sache nicht mit diesem "konservativen" Aufstand übereinstimmen, geben den Afrikanern im Verfahren recht. "Die Zeit einsamer Entscheidungen eines Glaubenspräfekten sind vorbei. Und als Kardinal Fernández das jetzt mit seiner Ablehnung des Frauendiakonats wieder versuchte, hat die Synode ihm das nicht durchgehen lassen", fasst ein Synodenteilnehmer die Ereignisse der erste Woche rund um den "Fernández-Bericht" zur Frauenfrage zusammen.
Für den 18. Oktober wurde daher eine neue Aussprache angesetzt. An diesem Tag sollten die eigentlich aus der Synode ausgelagerten Arbeitsgruppen zu zehn Spezialthemen (darunter heiße Eisen wie die Frauenfrage oder das Zölibat) den Synodalen Rede und Antwort stehen.
Die Geister, die Franziskus rief
Inzwischen fordern manche, dass es eine ähnliche Debatte über diese Themen auch im Juni 2025 geben müsse, wenn die Arbeitsgruppen ihre Endergebnisse vorlegen. Eigentlich müssten sie diese allein dem Papst vortragen. Doch der von Franziskus angemahnte "Mut zu mehr Synodalität auf allen Ebenen" scheint inzwischen ein Geist zu sein, den er rief und nicht mehr loswird.
"Es ist erstaunlich, dass ausgerechnet ein zu einsamen Entscheidungen neigender Papst wie Franziskus das Prinzip Mitbestimmung losgetreten hat und es nicht mehr bremsen kann", sagen Synodenteilnehmer. Ob der Papst sich damit wohlfühlt, ist nicht sicher. Es heißt, er habe im Plenum noch seltener das Wort ergriffen als im Jahr zuvor.